1. Ob die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens in der vorliegenden Fallkonstellation auf § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d FeV gestützt werden kann, wird in der Rspr. unterschiedlich bewertet. Über die in der vorstehenden Entscheidung genannten Hinweise auf BayVGH, Beschl. v. 20.3.2009 – 11 CE 08.3028, SVR 2009, 113 u. Beschl. v. 9.2.2009 –11 CE 08.3308, Blutalkohol 46, 299 sowie auf VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.1.2014 – 10 S 1748/13, zfs 2014, 235 (mit abl. Anm. Haus, zfs 2014, 479 f.) hinaus, sei hier auch auf BayVGH, Beschl. v. 12.4.2006 – 11 ZB 05.3395; BayVGH, Urt. v. 6.8.2012 – 11 B 12.416; VG Würzburg, Beschl. v. 21.7.2014 – W 6 E 14.606, DAR 2014, 541 und VG Berlin, Urt. v. 1.7.2014, DAR 2014, 601 mit Anm. Mahlberg (S. 603) verwiesen. Während das VG Berlin a.a.O. (mit abl. Anm. Mahlberg, S. 603) dem VGH Bad.-Württ. v. 15.1.2014 (zfs 2014, 235) im Wesentlichen folgt, hat nach VG Würzburg a.a.O. die Anordnung der MPU nicht bei jeder strafrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis ohne Hinzutreten weiterer Umstände zu erfolgen. Mit VG Würzburg ist davon auszugehen, dass die gegenteilige Rechtsauffassung dem ausdrücklichen Willen des Verordnungsgebers und dem Sinn und Zweck sowie dem Regelungszusammenhang des § 13 S. 1 Nr. 2 FeV widerspricht (Einzelheiten dazu: Haus, zfs 2014, 479 f.; Mahlberg, DAR 2014, 603).

2. Eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis im Wege der einstweiligen Anordnung wird in aller Regel daran scheitern, dass dadurch die Hauptsache nicht vorweggenommen werden darf. Letztendlich geht es hier um die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes i.S.d. Art. 19 Abs. 4 GG. Ein auf Vorwegnahme der Hauptsache gerichteter Antrag nach § 123 VwGO ist nur dann möglich, wenn dem Betroffenen ohne die begehrte Neuerteilung schwerwiegende, nicht abwendbare Nachteile konkret drohen, die ihm schlechterdings nicht zuzumuten sind und zudem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht. Belastungen im privaten Bereich (z.B. bessere Möglichkeit zur Pflege familiärer und sozialer Kontakte und höhere Lebensqualität) und berufliche Schwierigkeiten reichen grds. ebenso wenig aus wie erhebliche wirtschaftliche Nachteile. Bloße Befürchtungen, dass ein Arbeitsplatzverlust drohen könnte, reichen jedenfalls nicht. Eine Ausnahme vom Vorwegnahmeverbot wurde aber aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes z.B. in einem Fall der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung bei drohender Existenzgefährdung angenommen, da dieser Antrag ansonsten nicht in angemessener Zeit zu verwirklichen sei und da dies für den ASt. zu unzumutbaren Folgen führen würde. Seinen glaubhaften Angaben zufolge bestritt er im Fall nämlich seinen Lebensunterhalt für sich, seine Ehefrau und seine vier Kinder seit Jahren ausschließlich durch die Fahrgastbeförderung (OVG NRW zfs 1992, 394; vgl. auch VG Hamburg, NZV 1997, 536; Einzelheiten: Haus in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 1. Aufl. 2014, § 20 FeV Rn 87 ff.). Notwendig ist dazu dann aber ein substantiierter und dies auch belegender Vortrag. Im vorstehenden Fall des BayVGH v. 8.10.2014 war demgegenüber weder eine Abmahnung des Arbeitgebers wegen Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten noch eine Bestätigung des Arbeitgebers, dass dem ASt. ohne Fahrerlaubnis die baldige Kündigung seines Arbeitsverhältnisses drohe, vorgelegt worden.

Klaus-Ludwig Haus

zfs 12/2014, S. 717 - 720

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