"… II. Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der VGH gem. § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg."

Der ASt. macht in der Beschwerde geltend, er sei durch das Schreiben der AG v. 17.3.2014 nicht ausreichend darauf hingewiesen worden, dass eine Gutachtensanordnung ergehen könnte. Der ASt. sei davon ausgegangen, dass keine Gutachtensanordnung ergehen dürfe. Das VG überspanne darüber hinaus die Anforderungen an eine Vorwegnahme der Hauptsache. Es könne grds. geboten sein, die Hauptsache vorwegzunehmen, sofern eine Versagung den ASt. schwer und unzumutbar oder irreparabel belasten würde. Ein solcher Fall liege hier vor. Es habe sich um ein Augenblicksversagen gehandelt. Mit seiner eidesstattlichen Versicherung habe der ASt. belegt, dass er befürchten müsse, seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Eine regelmäßige Inanspruchnahme eines Taxis sowohl für die beruflichen als auch für die privaten Fahrten könne sich der ASt. finanziell nicht leisten. Es handele sich deshalb um eine offensichtliche soziale Notlage. Weiterhin macht er erneut geltend, dass § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV keine Auffangvorschrift sei und deshalb bei einer einzigen Trunkenheitsfahrt mit weniger als 1,6 Promille Blutalkoholgehalt kein medizinisch-psychologisches Gutachten verlangt werden könne. Der Rspr. des VGH Baden-Württemberg könne nicht gefolgt werden.

Dieses Vorbringen rechtfertigt keine Abänderung des Beschlusses des VG.

1. Zutreffend hat das VG festgestellt, dass eine Vorwegnahme der Hauptsache im Rahmen des § 123 VwGO nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht kommt. Voraussetzung dafür ist, dass eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 123 Rn 14). In diesem Rahmen ist das Gewicht des Anordnungsgrunds entscheidend für eine mögliche Vorwegnahme der Hauptsache (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn 66a). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn die Erfolgsaussichten der Klage sind offen und eine Interessenabwägung ergibt, auch unter Berücksichtigung der glaubhaft gemachten beruflichen und persönlichen Schwierigkeiten, den Vorrang der öffentlichen Interessen an der Gefahrenabwehr.

2. Es ist offen, ob der ASt. im Hauptsacheverfahren obsiegen wird. Ob die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens in der vorliegenden Fallkonstellation auf § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d FeV gestützt werden kann, ist in der Rspr. nicht geklärt. Diese Frage wird in der neueren obergerichtlichen Rspr. unterschiedlich beantwortet. Diesbezüglich ist zwar inzwischen geklärt, dass auch die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB unter § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d FeV fällt (BVerwG, Beschl. v. 24.6.2013 – 3 B 71/12, [zfs 2013, 593 =] NJW 2013, 3670). Ungeklärt ist jedoch, welche Voraussetzungen dabei an die Entziehung der Fahrerlaubnis zu stellen sind.

Der in den Beschl. des Senats v. 20.3.2009 (11 CE 08.3028, SVR 2009, 113) und v. 9.2.2009 (11 CE 08.3308, Blutalkohol 46, 299) dargelegten Systematik des § 13 S. 1 Nr. 2 FeV entspricht es, in den Fällen einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit weniger als 1,6 Promille BAK oder 0,8 mg/l AAK auch die Voraussetzungen des § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d FeV nicht als erfüllt anzusehen, denn die Fahrerlaubnis konnte in diesen Fällen mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c FeV auch nicht aus diesen Gründen entzogen werden. Der VGH Bad.-Württ. vertritt demgegenüber die Auffassung, dass eine strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Fahrt unter Alkoholeinfluss ohne Weiteres die Notwendigkeit der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung auslöst, und zwar im Sinne einer Tatbestandswirkung, ohne dass auch die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Bestimmungen für eine Gutachtensanordnung vorliegen und geprüft werden müssten (VGH BW, Beschl. v. 15.1.2014 – 10 S 1748/13, zfs 2014, 235 mit ablehnender Anmerkung Haus, zfs 2014, 479; Urt. v. 18.6.2012 – 10 S 452/10, SVR 2013, 230). Das BVerwG führt in seinem Beschl. v. 24.6.2013 (a.a.O.) diesbezüglich nur aus, dass die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis in dem durch § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c FeV gezogenen Rahmen zu fortbestehenden Eignungszweifeln führt. Der Senat hat noch nicht entschieden, wie er sich hierzu unter Berücksichtigung der Entscheidung des BVerwG in Zukunft verhält.

Auch das Informationsschreiben der AG v. 17.3.2014 führt zu keiner anderen Beurteilung. Es handelt sich dabei nicht um eine Zusicherung nach Art. 38 BayVwVfG mit dem Inhalt, dass dem ASt. eine Fahrerlaubnis ohne die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung erteilt werden wird. Es ist aus dem Wortlaut klar erkennbar, dass die AG damit nur allgemeine Informationen über das weitere Vorgehen ...

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