Die Entscheidung hat über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung für das Kostenfestsetzungsverfahren und gibt Anlass zu weiteren Betrachtungen. Im Kostenfestsetzungsverfahren muss zwischen Anfall der Umsatzsteuer und deren Vorsteuerabzugsberechtigung unterschieden werden.

I. Anfall der Umsatzsteuer

Ob der geltend gemachte Umsatzsteuerbetrag dem Erstattungsberechtigten überhaupt angefallen ist, ist im Kostenfestsetzungsverfahren trotz der Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO zu prüfen. Denn diese Erklärung betrifft lediglich die Berechtigung des Erstattungsberechtigten zum Vorsteuerabzug und besagt nichts darüber, ob die geltend gemachten Kosten des Rechtsstreits überhaupt der Umsatzsteuerpflicht unterliegen, was das BVerfG NJW 1996, 382 und auch der BGH – VIII. ZS – BRAGOreport 2003, 116 (Hansens) = AGS 2003, 276 übersehen. Die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs setzt vielmehr den Anfall der Umsatzsteuer erst voraus. So sind die Leistungen des Rechtsanwalts nicht umsatzsteuerpflichtig, wenn er in eigenen beruflichen Angelegenheiten tätig wird (so BGH NJW-RR 2005, 363 = JurBüro 2005, 145). Nicht der Umsatzsteuerpflicht – nach deutschem Recht – unterliegen auch bestimmte Geschäfte mit Auslandsbezug (s. § 3a UstG). Die Darlegungslast hinsichtlich des Anfalls der Umsatzsteuer hat der Erstattungsberechtigte.

II. Keine Überprüfung der Richtigkeit der Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO

Demgegenüber ist die Richtigkeit der von dem Erstattungsberechtigten gem. § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO in seinem Kostenfestsetzungsantrag abgegebenen Erklärung, er könne die Umsatzsteuerbeträge zum Vorsteuerabzug nicht verwenden, im Kostenfestsetzungsverfahren grds. nicht zu prüfen (so BGH BRAGOreport 2003, 116 (Hansens) = AGS 2003, 276 = NJW 2003, 1534; BGH RVGreport 2005, 35 (ders); OLG Hamburg BRAGOreport 2002, 95 = AGS 2002, 84; OLG München BRAGOreport 2003, 136 (ders.)).

III. Darlegungslast für Unrichtigkeit der Erklärung

Zutreffend verweist das OLG Hamm darauf, dass der Erstattungspflichtige die Unrichtigkeit der Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO darzulegen und ggf. glaubhaft zu machen hat. Hier lag der Sonderfall vor, dass – so kann man den Beschlussgründen entnehmen – eine Vorsteuerabzugsberechtigung des Kl. hinsichtlich des gesamten Umsatzsteuerbetrags nicht bestand. Offen war jedoch wegen der steuerrechtlichen Besonderheiten, in welcher Höhe dies der Fall war. Das OLG Hamm hat deshalb die Festsetzung des gesamten Umsatzsteuerbetrags nicht beanstandet. Man hätte auch zu einem anderen Ergebnis kommen können, da der Kl. nicht hinreichend dargetan hat, dass der gesamte Erstattungsbetrag der Umsatzsteuerpflicht unterliegt, das Gegenteil nach den Ausführungen des OLG vielmehr feststand. Deshalb wird in vergleichbaren Fällen in der Praxis im Kostenfestsetzungsantrag die Erklärung abgegeben, dass der Erstattungsberechtigte die Beträge zu einem Anteil von … % nicht zum Vorsteuerabzug verwenden kann. Dann wird die Umsatzsteuer auch nur zu einem entsprechenden Anteil festgesetzt.

IV. Möglichkeiten des Erstattungspflichtigen

Hat der Erstattungspflichtige mit seinem im Kostenfestsetzungsverfahren vorgebrachten Einwand keinen Erfolg, kann er die Festsetzung der Umsatzsteuer allenfalls mit einer Vollstreckungsgegenklage angreifen (siehe KG JurBüro 1995, 34) Nach Zahlung des festgesetzten Umsatzsteuerbetrags bleibt dem Erstattungsberechtigten ferner die Möglichkeit, auf Rückzahlung des Umsatzsteuerbetrags aus ungerechtfertigter Bereicherung zu klagen (siehe OLG Bamberg JurBüro 1991, 1332). Für die fehlende Vorsteuerabzugsberechtigung trägt die Beweislast der Kl. und vormalige Erstattungspflichtige. Da dieser jedoch kaum Kenntnisse von den für die Bemessung der Umsatzsteuer maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen haben wird, hat eine solche Klage praktisch keine Aussicht auf Erfolg.

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens

zfs 12/2014, S. 711 - 712

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