1. Winterliche Witterungsverhältnisse führen auf Straßen häufig zu dem Auftreten von Schlaglöchern. Da dies Gefahren für die Verkehrsteilnehmer mit sich bringt, sind die Straßenbaulastträger nach der ihnen hoheitsrechtlich auferlegten Straßenverkehrssicherungspflicht (vgl. dazu Herber, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl., 42. Kapitel) verpflichtet, die daraus herrührenden Gefahren abzuwenden. Das wirft die Frage auf, ob Gefahrwarnungen durch Verkehrszeichen gem. § 40 Abs. 1 S. 2 StVO i.V.m. Zeichen 101 genügen oder ob – und ggf. in welcher Zeit – eine Reparatur erforderlich ist. Eine Beschilderung mit Hinweis auf den Straßenschaden einer Bundesautobahn unter gleichzeitiger Anordnung einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h wurde bei einem 12 cm tiefen Schlagloch, in dessen Bereich der Pkw durch Aufsetzen beschädigt wurde, als unzureichende Sicherungsmaßnahme angesehen, sodass allein die Behebung des Schadens eine Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht darstellte (LG Halle DAR 1999, 28). Auch unzulängliche vorläufige Reparaturmaßnahmen wie die Auffüllung mit Kaltmischgut und die Anordnung einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h wurde nicht als ausreichende Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem im Bereich der Schlaglöcher im Baustellenbereich mit seinem Pkw verunfallten Geschädigten angesehen, da ein Hinweis auf Schlaglöcher fehlte (vgl. OLG Nürnberg NZV 1996, 149). Das Gericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass wegen der Vielzahl der Schlaglöcher und deren Tiefe allein eine Schadensbehebung als Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht in Betracht kam, sodass das Gericht die ohnehin unterlassene Anbringung von Warnzeichen nicht erörtern musste.

2. Damit stellten sich als weitere Fragen die miteinander verbundenen Problematik, in welchem Zeitraum die Schadensbehebung zu erfolgen hatte und ob sich der Straßenbaulastträger darauf berufen durfte, dass er über Mittel zur unverzüglichen Beseitigung der Gefahrenquellen nicht verfügte. Nachdem die "Haushalte auf der Intensivstation" liegen (vgl. Haus/Zwerger, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 3, Verkehrsverwaltungsrecht, 2. Aufl., § 55 Rn 87) würde die Zulassung des Arguments der leeren Kassen (Herber, NZV 2011, 161) dazu führen, dass Verkehrssicherung nach Maßgabe der Kassenlage gewährt wird. Tendenzen zu einer Beschränkung von Pflichten der Verwaltung bei leeren Kassen (vgl. dazu Herber, NZV 2011, 161, 165 f.) sind jedenfalls nicht für die Staatshaftung anzuerkennen, da für das Zeitfenster der Reparatur Zumutbarkeitserwägungen gelten (vgl. aber Rinne, NVwZ 2003, 9 ff.). Eine sachgerechte Einschränkung des Schadensersatzanspruchs leitet die Entscheidung aus dem Mitverschulden das Geschädigten ab; die Zumutbarkeit sofortiger Schadensbeseitigung wird überzeugend aus der Gefahrträchtigkeit der Schlaglöcher und der Tendenz zu deren Vergrößerung abgeleitet.

RiOLG a.D. Heinz Diehl

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