" … Die Klage ist unbegründet."

Die Bekl. beruft sich zu Recht auf die Ausschlussfrist des § 4 Abs. 4 ARB 75.

Die entsprechende Klausel ist wirksam. Die Bedenken, die insoweit aus dem Transparenzgebot abgeleitet werden, haben den BGH nicht dazu veranlasst, die Wirksamkeit entsprechender Klauseln in Frage zu stellen (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 20.7.2011 – IV ZR 180/10).

Die Meldung der beabsichtigten Inanspruchnahme der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit Schreiben v. 28.3.2011 ist Jahre nach dem am 10.4.2008 erfolgten Ablauf der zweijährigen Nachhaftungszeit erfolgt. Soweit die Kl. im nicht nachgelassenen Schriftsatz v. 9.3.2012 geltend macht, den Versicherungsfall als solchen doch bereits mit der Deckungsanfrage v. 14.12.2007 i.S.d. § 4 Abs. 4 ARB 75 gemeldet zu haben, kann ihr hierin nicht gefolgt werden. Denn der Versicherungsfall ist auch bei der Meldung jedenfalls – soweit Schadensersatzansprüche im Raum stehen – nach der Person des Schädigers einzugrenzen. Dass jedoch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften selbst aus unerlaubter Handlung haften könnten, wurde erst 2011 der Bekl. mitgeteilt.

Allgemein anerkannt ist, dass ein VR sich nach Treu und Glauben nicht auf den Ablauf der Nachmeldefrist berufen darf, wenn der VN die Ausschlussfrist schuldlos nicht eingehalten hat. … Anerkannt ist auch, dass dem VN insoweit bereits leichte Fahrlässigkeit schadet und er für das Vorliegen der Umstände, aus denen sich das fehlende Verschulden ergeben soll, darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 4 ARB 2008/II Rn 142; Maier, in: Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Aufl., § 4 ARB 2000 § 4 Rn 151 ff. mit zahlreichen Nachw. aus der Rspr.).

Melden kann der VN den Versicherungsfall nicht erst dann, wenn er einen Schadensersatzanspruch genau begründen kann, sondern bereits dann, wenn er einen konkreten Lebenssachverhalt mitteilen und angeben kann, welche rechtlichen Interessen er daraus geltend machen möchte (s. Maier, a.a.O. Rn 151 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 15.4.1992 – IV ZR 198/91). Demnach ist eine Meldung auch dann geboten, wenn noch nicht so hinreichende Informationen vorliegen, dass hieraus ein schlüssiges Anspruchsbegehren, wie es für eine Deckungsanfrage erforderlich ist, formuliert werden könnte (vgl. BGH a.a.O.). Denn Sinn der Meldefrist ist nur, dem VR zu verdeutlichen, dass er ungeachtet der Beendigung des Verfahrens eine Deckungsreserve vorhalten muss; zudem sollen nach Fristablauf schwerer aufklärbare und übersehbare Schadensfälle im Interesse einer Geringhaltung des Verwaltungsaufwands von der Deckung ausgenommen sein.

Wenn der VN erstmals in den Stand gesetzt ist, eine Meldung im vorbeschriebenen Sinne machen zu können, so muss er diese nach Ablauf der Nachhaftungszeit auch unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, vornehmen (vgl. Maier, a.a.O., Rn 151 mit Nachw. aus der Rspr.).

Wendet man diese Maßstäbe auf den vorliegenden Fall an, so kann es keinem Zweifel unterliegen, dass – wenn man ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten der Kl. dieser zurechnet – jedenfalls keine unverzügliche Meldung des Versicherungsfalls nach Ablauf der Nachmeldefrist vorliegt. Dies ergibt sich schon daraus, dass unstreitig bis Ende März 2011 das 200-seitige Gutachten vorlag, aus der sich aus Sicht der Kl. eine Haftung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ergibt, die Erstellung dieses Gutachtens jedoch ersichtlich einige Zeit in Anspruch genommen hat und den Prozessbevollmächtigten der Kl. bereits während der Fertigung des Gutachtens so viele Umstände bekannt gewesen sein müssen, dass sie hierauf eine Meldung des Versicherungsfalls hin hätten vornehmen können. Die – insoweit darlegungs- und beweisbelastete – Kl. konkretisiert auch nicht, wann denn erstmals ihren Prozessbevollmächtigten die entsprechenden Informationen, die Grundlage einer Meldung des Versicherungsfalls hätten sein können, vorgelegen haben. Stellt man demnach auf das Wissen der Prozessbevollmächtigten der Kl. ab, so sind die tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme einer – auch unter Zubilligung einer Überlegungsfrist – unverzüglichen Nachmeldung nicht substantiiert dargetan.

Das Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Kl. sich zurechnen zu lassen gem. § 166 BGB.

Hiervon geht etwa auch Armbrüster, a.a.O., Rn 142 mit Nachw. aus der Rspr. aus; für den vergleichbaren Fall der Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. vgl. Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 12 Rn 50 mit Nachw. aus der Rspr.; Beschl. des OLG Köln v. 19.6.1996 – 5 W 41/96.

Soweit die Rspr. im Anschluss an Wendt, r+s 2010, 221, 230 im Bereich der Obliegenheitsverletzungen eine Zurechnung des Anwaltsverschuldens nicht mehr als gerechtfertigt ansieht, so können die hierfür maßgeblichen Überlegungen nicht auf den vorliegenden Fall der Versäumung der Ausschlussfrist übertragen werden. Denn hierbei geht es – anders als bei den Obliegenheiten – nicht um ein Verhalten des VN, das der VR oder das VVG dem VN aufgibt, auch wenn es sich ...

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