BGB § 249

Leitsatz

1) Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls, der auf Gutachtenbasis abrechnen will, muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung ihm eine konkrete Fachwerkstatt nennt, in der er die Reparatur seines Kraftfahrzeuges zu einem günstigeren Preis hätte durchführen können.

2) Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten schließt es auch dann grundsätzlich aus, ihn nur auf der Grundlage der Reparaturkosten in einer ganz bestimmten Werkstatt zu entschädigen, wenn er auf Gutachtenbasis abrechnet.

(Leitsätze des Einsenders)

AG Hamburg-Altona, Urt. v. 20.12.2007 – 316 C 299/07

Sachverhalt

Nach einem Verkehrsunfall rechnete der Geschädigte auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Gutachtens ab, das die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zu Grunde legte. Die beklagte Haftpflichtversicherung wies auf eine markenungebundene Werkstatt hin, bei der nach ihren Angaben geringere Stundenverrechnungssätze angefallen wären. Diesen von ihr angegebenen Betrag zahlte sie aus. Der Kläger nahm diese Kürzung nicht hin und machte den Differenzbetrag geltend. Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages die Auffassung vertreten, der Geschädigte müsse sich auf ihm konkret benannte günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeiten verweisen lassen. Das AG sprach dem Kläger den geltend gemachten Differenzbetrag zu.

Aus den Gründen

“Der Kläger kann von der Beklagten eine Ersatzleistung nach den im Gutachten … ausgewiesenen Stundenverrechnungssätzen der Fa. K Autoservice verlangen. Für das, was zur Schadensbeseitigung nach § 249 S. 2 BGB erforderlich ist, kann das Schätzungsgutachten eines anerkannten Kfz-Sachverständigen über die Höhe der voraussichtlichen Reparaturkosten für das Gericht eine sachgerechte Grundlage sein, sofern das Gutachten hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden (BGB, Urt. v. 20.6.1989, NJW 1989, 3009). Das ist vorliegend der Fall. …

Die Beklagte wendet lediglich ein, dass der Kläger sein Fahrzeug in der von ihr benannten Werkstatt preisgünstiger hätte reparieren lassen können. Damit kann sie jedoch aus Rechtsgründen nicht gehört werden.

Der auf Grund eines Verkehrsunfalls Geschädigte muss für den Fall, dass er den ihm an seinem Fahrzeug entstandenen Schaden abstrakt berechnet, keine Kürzung des durch einen Sachverständigen ermittelten Schadensersatzbetrages hinnehmen, weil der Schädiger ihm eine Werkstatt benennt, die entsprechende Reparaturen preisgünstiger ausführt. Dies ergibt sich aus allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts (1.). Soweit in 6er Rspr. andere Auffassungen vertreten werden, ist dem nicht zu folgen (2.). Es sprechen auch noch weitere Gründe gegen die Verweisung auf bestimmte Werkstätten bei der Geltendmachung von fiktiven Reparaturkosten (3.). Der Kläger hat auch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen (4.). Im Übrigen ist die Klage hingegen nicht begründet (5.).

1. Richtschnur für den vom Schädiger nach § 249 S. 2 BGB zu leistenden Ersatz sind nicht die vom Geschädigten tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten, sondern der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag. Dieser ist unbeschadet der auf die individuellen Möglichkeiten und Belange des Geschädigten Rücksicht nehmenden subjektbezogenen Schadensbetrachtung nach objektiven Kriterien, d.h. losgelöst von den für die Schadensbeseitigung tatsächlich aufgewendeten Beträgen, zu bestimmen (BGH, Urt. v. 17.3.1992, S. 1618, 1619). Andererseits verlangt § 249 S. 2 BGB unbeschadet seiner begrifflichen Trennung zwischen den erforderlichen und den vom Geschädigten tatsächlich aufgewendeten Herstellungskosten nicht eine Normierung des geschuldeten Betrages etwa nach dem typischen Durchschnittsaufwand. Die Ersetzungsbefugnis, die das Gesetz in § 249 S. 2 BGB dem Geschädigten (bei bestimmten Schäden: Verletzung seiner Person oder einer Sache) gewährt, soll ihn davon befreien, die Schadenbeseitigung dem Schädiger anvertrauen oder überhaupt eine Instandsetzung veranlassen zu müssen; sie soff ferner das Abwicklungsverhältnis von dem Streit darüber entlasten, ob die Herstellung durch den Schädiger gelungen ist und vom Geschädigten als Ersatzleistung angenommen werden muss (BGH, Urt. v. 29.10.1974, VersR 1975, 184).

Dem Geschädigten steht es grundsätzlich frei, den für die Reparatur in einer Kundendienstwerkstatt erforderlichen Geldbetrag anhand eines Sachverständigengutachtens zu bemessen (BGH, Urt. v. 17.3.1992, NJW 1992, 1618, 1620). Dies gilt unabhängig davon, ob tatsächlich Reparaturarbeiten in der Kundendienstwerkstatt ausgeführt werden oder nicht. Der Geschädigte ist in der Verwendung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrags frei. Er kann die Sache auch unrepariert lassen oder selbst reparieren. In beiden Fällen hat er, selbst wenn er kraft besonderer Fähigkeiten oder aus sonstigen individuellen Gründen zu einer kostengünstigen Eigenreparatur im Stande ist, gr...

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