Kollektiver Rechtsschutz ist in der deutschen Gesetzgebung eher spärlich zu finden.

Bekanntlich kennt das deutsche Rechtssystem in Rechtsfragen wie den vorliegenden das Instrument von Sammelklagen wie etwa in den USA nicht, in denen sich mehrere Betroffene zusammenschließen und dabei die Kosten und finanziellen Risiken für den Einzelnen reduzieren. Öffentlich-rechtlicher Verbraucherschutz scheint im Zusammenhang mit der Diesel-Affäre so gut wie gar nicht stattzufinden.

Nach einer Meldung des Juve-Verlags vom 2.12.2016 plant der Gesetzgeber jedoch einen Gesetzentwurf für eine "Sammelklage light".[31] Der Referentenentwurf sieht die Einführung einer Musterklage vor. Aktivlegitimiert sollen jedoch nur qualifizierte Einrichtungen zugunsten von mindestens zehn Betroffenen sein. Qualifizierte Einrichtungen können hier Verbraucherschutzverbände oder Handels- und Handwerkskammern sein. Betroffene Verbraucher und Unternehmen sollen sich in einem elektronischen Klageregister eintragen und damit ihre Ansprüche verjährungshemmend und ohne Einschaltung eines eigenen Anwalts sichern können.

Die prozessual vorhandene Möglichkeit, mehrere nach § 147 ZPO separate Verfahren miteinander zu verbinden, wird von den Gerichten in der Realität äußerst selten umgesetzt. Voraussetzung wäre hier, dass es sich um dieselbe Rechtsfrage und um dieselbe Tatfrage handelt. Das Bundesjustizministerium verspricht sich von der neuen Klagemöglichkeit Kostenersparnisse.

Ein möglicher Ansatz wären Musterverfahren entsprechend dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, bei dem der Gesetzgeber den Betroffenen die gesetzliche Möglichkeit eröffnet hat, einen Musterverfahrensantrag zur Einleitung eines Musterverfahrens zu stellen. Anwendungsbereich sind bürgerlich-rechtliche Rechtsstreitigkeiten, in denen unter anderem ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen geltend gemacht wird.

Ausgangspunkt sind hier individuelle Schadensersatzansprüche, die in einzelnen Ausgangsverfahren vor den Prozessgerichten anhängig gemacht werden. Gemeinsam entschieden werden die Ausgangsverfahren nur, soweit sich Entscheidungselemente, also die anspruchsbegründenden oder anspruchsausschließenden Voraussetzungen bzw. Rechtsfragen, in den Ausgangsverfahren gleichermaßen stellen (§ 21 KapMuG). Dies hat zur Folge, dass in den Musterverfahren nicht geklärt wird, ob die Klage im Ausgangsverfahren begründet ist. Hinsichtlich der gemeinsam zu klärenden Fragen kann jedoch gemeinsam verhandelt und entschieden werden. Die Rechtswirkung wäre dann für sämtliche Beigeladenen sowie die entscheidenden Gerichte verbindlich.

Die Verkehrsrechtsexperten in Goslar werden darüber diskutieren, abstimmen und ggf. Empfehlungen an den Gesetzgeber aussprechen, um die Situation der gut 2,5 Millionen betroffenen Verbraucher zu stärken. Ob dies angesichts der drohenden Verjährungsfristen auch den Betroffenen des VW-Abgasskandals nützen wird, ist mehr als fraglich.

Autor: RA Torsten Bendig LL.M., FA für Verkehrsrecht und FA für Versicherungsrecht, Heide, Hamburg, Sylt

zfs 1/2017, S. 8 - 13

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