VVG § 1; FZV § 16 Abs. 2 a.F.

Leitsatz

Wird Haftpflichtversicherungsschutz für ein Fahrzeug mit einem Kurzzeitkennzeichen durch den VR in der Weise gewährt, dass im Versicherungsschein ein namentlich benannter Halter aufgeführt ist, so ist die Versicherung auf Fahrzeuge dieses Halters beschränkt.

BGH, Urt. v. 11.11.2015 – IV ZR 429/14

Sachverhalt

Die Kl. begehrt aufgrund übergegangenen und abgetretenen Rechts Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich im Oktober 2010 ereignete und an dem der Pkw eines bei ihr kaskoversicherten VN sowie die Fahrzeuge der Bekl. zu 1 und 3 beteiligt waren. Das Fahrzeug des Bekl. zu 1 war bei der Bekl. zu 2 haftpflichtversichert; am Fahrzeug des Bekl. zu 3 waren Kurzzeitkennzeichen gem. § 16 Abs. 2 FZV in der damals gültigen Fassung (im Folgenden FZV a.F.) angebracht, die auf die Bekl. zu 4 als Haftpflichtversicherer hinwiesen. Die Kl. hat den ihrem VN entstandenen Schaden mit insgesamt 4.644,98 EUR reguliert; eine Forderung in Höhe weiterer 1.768,20 EUR (Selbstbeteiligung und Mietwagenkosten) hat dieser an die Kl. abgetreten. Diese Beträge hat die Kl. mit der Klage geltend gemacht.

Im Revisionsverfahren streiten die Parteien nur noch darum, ob die Bekl. zu 4 Versicherungsschutz für das Fahrzeug des Bekl. zu 3 zu gewähren hat. Die Bekl. zu 4 verweigert diesen, weil der im Versicherungsschein und in der Zulassungsbescheinigung zu diesem Kurzzeitkennzeichen angegebene – vom VN personenverschiedene – Halter weder Halter noch Eigentümer des vom Bekl. zu 3 geführten unfallbeteiligten Fahrzeugs war. Auch hatte der Bekl. zu 3 das Fahrzeug nicht von dem angegebenen Halter erworben.

2 Aus den Gründen:

[5] "… I. Das BG … hat ausgeführt, der im Versicherungsvertrag genannte Halter dürfe das im Vertrag genannte Kurzzeitkennzeichen nur an einem von ihm gehaltenen Fahrzeug anbringen und die Weitergabe des Kennzeichens an einen Dritten führe nicht dazu, dass der Versicherungsschutz aus dem Versicherungsvertrag für das Kurzzeitkennzeichen auf den Dritten übergehe oder auf ihn ausgedehnt werde."

[6] Insoweit sei die Rspr. des BGH und des OLG Stuttgart, nach der sich der Versicherungsschutz bei der Verwendung roter Kennzeichen für Kraftfahrzeughandel und -handwerk nicht auf Fahrzeuge erstrecke, die nie zum Bestand des VN gehört haben, auf das Kurzzeitkennzeichen gem. § 16 Abs. 2 FZV a.F. übertragbar. Beide Kennzeichen dienten dem gleichen Zweck, die Möglichkeit zu eröffnen, dass der Halter ein in seiner Obhut oder seinem Verfügungsbereich befindliches Fahrzeug für den bestimmten Zweck einer Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrt kurzfristig mit einem Kennzeichen versehen könne, ohne dass bei Abschluss des Versicherungsvertrages bereits feststehe, um welches konkrete Fahrzeug es sich handele. Das setze einen Bezug des Halters zum Fahrzeug voraus. Dem VN und Halter sei daher auch im Fall des Kurzzeitkennzeichens nach § 16 Abs. 2 FZV a.F. klar, dass nur die Fahrzeuge des nach dem Vertrag vorgesehenen Halters vom Vertrag erfasst sein sollen.

[7] II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

[8] 1. Der Gegenstand des versicherten Risikos ergibt sich aus den Vereinbarungen der Parteien im Versicherungsvertrag. Diesen hat das BG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt, dass die Bekl. zu 4 Versicherungsschutz nur für ein Fahrzeug des im Versicherungsschein angegebenen Halters übernommen hat.

[9] a) In dem Versicherungsschein ist ausdrücklich ein namentlich benannter Halter aufgeführt. Der Wortlaut regelt danach eindeutig, dass die Versicherung für eine ganz bestimmte Person, nämlich diesen Halter, genommen ist, so dass die noch vorzunehmende Konkretisierung auf ein bestimmtes Fahrzeug insoweit auf Fahrzeuge dieses Halters beschränkt war. Anderes ergibt sich nicht daraus, dass bei den Fahrzeugdaten das Wort “Universal’ eingetragen worden ist. Daraus ist nur zu schließen, dass VN und Halter bei der Auswahl des versicherten Fahrzeugs keinen Beschränkungen hinsichtlich der Fahrzeugart (Pkw, Lkw, Anhänger) unterlagen.

[10] b) Gegen diesen Wortlaut sprechende Umstände ergeben sich weder aus dem Sinn und Zweck der abgeschlossenen Versicherung noch der Interessenlage der Vertragsparteien oder sonstigen Umständen.

[11] Der für den durchschnittlichen VN erkennbare Sinn und Zweck der Haftpflichtversicherung für mit einem Kurzzeitkennzeichen versehene Fahrzeuge besteht darin, den nach § 1 PflVG gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungsschutz für privilegierte Fahrten mit nicht zugelassenen Fahrzeugen i.S.v. § 16 Abs. 1 S. 1 FZV a.F. zu gewährleisten. Dem steht es nicht entgegen, wenn die hierfür abgeschlossene Versicherung auf die Fahrzeuge eines bestimmten Halters beschränkt wird. Da die Ausgabe eines Kurzzeitkennzeichens gem. § 16 Abs. 2 S. 1 FZV a.F. einen vorhandenen Bedarf voraussetzt, der von der Zulassungsbehörde vor der Zuteilung eines Kurzzeitkennzeichens zu überprüfen ist (Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 16 FZV Rn 3 a.E.), steht bereits zu diesem Zeitpunkt fest, wer das Kurzzeitkenn...

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