AKB 2008 A.2.7.1 b)

Leitsatz

1. In der Fahrzeugkaskoversicherung können auch fiktive Aufwendungen für die Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt als "erforderliche" Kosten i.S.v. A.2.7.1 b) AKB 2008 anzusehen sein.

2. Dies ist zum einen dann zu bejahen, wenn die fachgerechte Wiederherstellung des Fahrzeugs nur in einer markengebundenen Werkstatt erfolgen kann, zum anderen aber regelmäßig auch dann, wenn es sich um ein neueres Fahrzeug oder um ein solches handelt, das der VN bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen

BGH, Urt. v. 11.11.2015 – IV ZR 426/14

Sachverhalt

Der Kl. verlangt Versicherungsleistungen nach einem Verkehrsunfall, bei dem sein bei der Bekl. vollkaskoversicherter Mercedes beschädigt wurde. Die Einstandspflicht der Bekl. steht dem Grunde nach außer Streit. Das Fahrzeug wurde bisher nicht repariert.

In Ziff. A.2.7.1 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) 2008 heißt es:

"Wird das Fahrzeug beschädigt, zahlen wir die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zu folgenden Obergrenzen:"

a) Wird das Fahrzeug vollständig und fachgerecht repariert, zahlen wir die hierfür erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts nach A.2.6.6, wenn Sie uns dies durch eine Rechnung nachweisen. Fehlt dieser Nachweis, zahlen wir entsprechend A.2.7.1.b.

b) Wird das Fahrzeug nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert, zahlen wir die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswerts nach A.2.6.6.“

Der Kl. begehrt eine Schadenregulierung entsprechend einem von ihm beauftragten Gutachten, in dem auf Basis der Stundenverrechnungssätze einer M-Fachwerkstatt ein Reparaturkostenaufwand von 9.396,24 EUR ermittelt worden ist. Er macht geltend, dass er sein Fahrzeug stets in der M-Vertragswerkstatt habe warten und reparieren lassen.

Die Bekl. regulierte den Schaden dagegen entsprechend einem von ihr eingeholten Gutachten, dem die Lohnkosten einer ortsansässigen, nicht markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde liegen und das auf dieser Basis Nettoreparaturkosten von 6.425,08 EUR ermittelte. Die Differenz von 2.971,16 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten ist Gegenstand der Klage.

2 Aus den Gründen:

[9] "… 1. Im Ansatz zutreffend geht das BG in Übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung in Rspr. und Literatur (OLG Hamm NZV 2006, 541 Rn 29 [zur Bootskaskoversicherung]; Meinecke, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl., AKB A.2.7 Rn 3 … ) davon aus, dass maßgeblich allein das vertragliche Leistungsversprechen des VR ist und die gesetzlichen Vorschriften zum Schadensersatz keine Anwendung finden."

[10] Für die Auslegung, welche Kosten als für die Reparatur erforderlich i.S.v. A.2.7.1 AKB 2008 anzusehen sind, gelten die allgemeinen Maßstäbe. AVB sind nach st. Rspr. des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind (Senat VersR 2015, 706 Rn 12 m.w.N.; st. Rspr.).

[11] 2. Anders als das BG gemeint hat, können – auch fiktive – Aufwendungen für die Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt nach diesen Grundsätzen je nach den Umständen des Einzelfalles als “erforderliche’ Kosten i.S.v. A.2.7.1 AKB 2008 anzusehen sein (so generell MüKo-VVG/Krischer, KraftfahrtV, Rn 267). Dies ist zum einen dann zu bejahen, wenn die fachgerechte Wiederherstellung des Fahrzeugs nur in einer markengebundenen Werkstatt erfolgen kann, zum anderen aber regelmäßig auch dann, wenn es sich um ein neueres Fahrzeug oder aber um ein solches handelt, das der VN bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen.

[12] a) Der durchschnittliche VN wird schon nach dem Wortlaut der Klausel davon ausgehen, dass ihm im Versicherungsfall diejenigen Aufwendungen ersetzt werden, die ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Betroffener in seiner Lage tätigen würde, um das beschädigte Fahrzeug wieder fachgerecht herzustellen.

[13] aa) Danach sind Aufwendungen für die Fahrzeugreparatur in einer markengebundenen Werkstatt immer dann erforderlich, wenn aufgrund der Art der anfallenden Reparaturarbeiten nur dort eine vollständige und fachgerechte Reparatur durchgeführt werden kann.

[14] bb) Neben den technischen Notwendigkeiten wird der VN aber auch den Werterhalt seines Fahrzeugs in den Blick nehmen. Er wird deshalb berücksichtigen, dass insb. bei neuwertigen Fahrzeugen, die noch einer Herstellergarantie unterliegen, die Reparatur in einer Marke...

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