Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den erstattungsfähigen Schadenspositionen gehören, liegt dann vor, wenn an dem Fahrzeug des Geschädigten ein eindeutiger Bagatellschaden eingetreten ist, der auch für den Geschädigten als Laien ohne Weiteres augenscheinlich erkennbar ist. Ein solcher Bagatellschaden ist zum Beispiel dann zu bejahen, wenn nur ein Kratzer am Fahrzeug vorliegt, der dann in gerichtlichen Verfahren in der Klagebegründung sehr gern mit der Formulierung beschrieben wird, dass das Fahrzeug nicht unerheblich beschädigt wurde.

Diese nicht unerhebliche Beschädigung mag zwar subjektiv für den Geschädigten gravierend sein, da hierzulande ein Fahrzeug zuweilen wie ein Familienmitglied behandelt wird, jedoch kommt es bei der Bestimmung, ob ein Bagatellschaden vorliegt oder ein Schaden, der eine Begutachtung des Schadens durch einen Sachverständigen rechtfertigt, auf objektive Kriterien an.

Ein wesentliches Indiz, dass ein Bagatellschaden vorliegt, bei welchem die Einholung eines Sachverständigengutachtens unverhältnismäßig und somit nicht erforderlich ist, ist die Höhe des eingetretenen Schadens. Die herrschende Rechtsprechung zieht die Bagatellgrenze bei 750 bis 900 EUR,[16] teilweise sogar bei bis zu 1.500 EUR.[17]

Ist von einem Bagatellschaden auszugehen, ist die Vorlage eines Kostenvoranschlages ausreichend, der auch von dem hinter dem Schädiger stehenden Kfz-Haftpflichtversicherer anerkannt wird.

Diesen Bagatellschäden ist weiterhin immanent, dass sie fiktiv nach Gutachten zu den Konditionen einer Markenwerkstatt abgerechnet werden, wobei bei der technischen Entwicklung auch neue Reparaturmethoden, wie Smart Repair, in den Fokus treten können, so dass sich die Frage stellen könnte, ob der Sachverständige verpflichtet sein könnte, auf solche alternative Reparaturmöglichkeiten hinzuweisen.[18]

[16] Geigel/Rixecker, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., 3. Kap., Rn 111; AG Hannover v. 19.12.2013 – 525 C 10630/13 = juris; AG München v. 8.4.2014 – 331 C 34366/13 = juris.
[17] LG München SP 2001, 428.
[18] RiLG Dr. Wern, Juris-Monatszeitschrift 2014, 184 ff.

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