" … Die Klage i.H.v. 2.501,58 EUR nebst Nebenforderungen ist unbegründet. Die Berufung der Bekl. ist in gleichem Umfang begründet."

1. Die Kl. hat keinen Anspruch auf die Differenz eines neu berechneten und nachzuerhebenden Beitrags aus der Kfz-Versicherung gem. Nr. 6 Abs. 2b TB-KR.

a) Die AKB und die TB-KR sind von den Parteien unstreitig in den Versicherungsvertrag mit einbezogen, § 314 S. 1 ZPO.

b) Dahinstehen kann, ob die Klausel zur Nacherhebung und Neuberechnung von Prämien bei unrichtigen oder unterlassenen Angaben gem. Nr. 6 Abs. 2b S. 1 TB-KR wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist, § 306 Abs. 1 BGB.

c) Nach Nr. 6 Abs. 2b TB-KR kann die Kl. als VR ab Beginn der Versicherungsperiode, in der der VN die Anzeigepflicht gem. Nr. 6 Abs. 2a TB-KR “schuldhaft’ verletzt hat, den Beitrag neu berechnen und den Differenzbetrag nacherheben.

Unstreitig hat die Bekl. als VN für das von ihr genutzte Kfz BMW 730 d die erhöhte Kilometerleistung von rund 32.000 km pro Jahr ab Versicherungsbeginn nicht nachträglich angezeigt.

Entgegen Nr. 6 Abs. 2b S. 1 TB-KR ist eine nachvollziehbare Neuberechnung und eine Nacherhebung in Höhe der Differenz des Jahresbeitrags bei einer maximalen Jahresfahrleistung von 32.000 km statt, wie ursprünglich angegeben, nur maximal 9.000 km, mit dem Schreiben der Kl. an die Bekl. vom 16.3.2009 nicht erfolgt. Aus dem Schreiben vom 16.3.2009 ist nur ein Betrag i.H.v. insgesamt 2.501,58 EUR unter Aufteilung auf die “Kfz-Haftpflichtversicherung’ und die “Fahrzeugversicherung (Kaskoversicherung)’ zu entnehmen. Weder aus dem Anschreiben der Kl. an die Bekl. noch aus den dazugehörigen Anlagen oder den sonstigen vorgelegten Urkunden ist nachvollziehbar, wie sich die Nachforderung, die wohl aus einem Anspruch aus Nr. 6 Abs. 2b S. 1 TB-KR und einem Anspruch aus Nr. 6 Abs. 2b S. 2 TB-KR (Vertragsstrafe) gebildet ist, im Einzelnen zusammensetzt. Den Anforderungen einer “Neuberechnung’, wie ein durchschnittlicher VN diesen Begriff in den AVB versteht und verstehen darf, ist mit dem aus sich heraus nicht verständlichen Schreiben der Kl. vom 16.3.2009 nicht genügt. Soweit die Kl. davon ausgehen sollte, dass die Neuberechnung den Regelungen in ihren AVB in Nr. 6 Abs. 2b TB-KR entsprechen sollte, erläge sie einem Auslegungsirrtum, der indes keine objektiven Zweifel bei der Auslegung von AGB für einen durchschnittlichen VN gem. § 305c Abs. 2 BGB nach sich zieht.

2. Die Vertragsstrafen-Klausel in Nr. 6 Abs. 2b S. 2 TB-KR benachteiligt einen durchschnittlichen VN unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, weshalb die Klausel unwirksam ist, § 306 Abs. 1 BGB.

a) Prämienanpassungsklauseln bei unterlassenen Angaben bezüglich der tatsächlichen Merkmale zur Beitragsberechnung sind im Grundsatz bei schuldhaften Verstößen zulässig. Dasselbe gilt für Vertragsstrafen, jedenfalls bei vorsätzlichen Verstößen gegen die Anzeigepflicht (vgl. K 4.3 und K 4.4 der AKB 2008; Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., AKB 2008, Buchst. K [= S. 2050]).

Bei vorsätzlichen Verstößen des VN gegen seine Anzeigepflicht ist der VR berechtigt, zusätzlich zur Beitragsanpassung nach beispielsweise K 4.3 AKB 2008 eine Vertragsstrafe geltend zu machen, deren Höhe zwischen den VR variiert. Es handelt sich in solchen Fällen um eine Vertragsstrafenregelung i.S.d. §§ 339 ff. BGB und nicht um eine sog. Schadenspauschalierung, da die Vereinbarung in erster Linie die Einhaltung der vereinbarten Merkmale zur Beitragsberechnung sichern und auf den VN einen möglichst wirkungsvollen Druck ausüben soll, diese richtig anzugeben und die Vereinbarungen auch während der Laufzeit zu beachten. Eine solche Vertragsstrafe ist grds. zulässig (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., §§ 16, 17, Rn 44 a ff.; Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 25 Rn 6 ff. und AKB 2008 zu Buchst. K, Rn 7 ff. [= S. 2050 f.] … ).

Ein zusätzlicher Rückgriff. auf die gesetzlichen Institute der vorvertraglichen Anzeigepflicht (§§ 19 ff. VVG n.F.) und der Gefahrerhöhung (§§ 23 ff. VVG n.F. bzw. §§ 16 ff. VVG a.F.) wäre nicht sachgerecht. Bei der vorvertraglichen Anzeigepflicht und der Gefahrerhöhung würde den VN die harte Strafe der vollständigen Leistungsfreiheit drohen (§§ 19 Abs. 2, 21 Abs. 2 VVG und § 26 VVG). Dies war von den VR mit den Klauseln nicht gewollt und würde dem besonderen Charakter der Tarifmerkmale auch nicht gerecht, da die Einhaltbarkeit der bei der Beitragsberechnung berücksichtigten Umstände für den VN selbst schwer abschätzbar ist (z.B. die tatsächliche jährliche Fahrleistung) und diese zudem auch häufigen Veränderungen unterliegen (z.B. Erweiterung des Fahrerkreises).

Umstritten ist, ob und mit welcher Begründung die Vertragsstrafe neben den Regelungen zur vorvertraglichen Anzeigepflicht und Gefahrerhöhung zuzulassen ist. Diese gesetzlichen Obliegenheitsregelungen sind nach § 32 VVG (= § 34a VVG a.F.) halbzwingend. Eine Abweichung zum Nachteil des VN ist deshalb unzulässig.

aa) Nach einer hie...

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