Der Inhaber einer Fahrerlaubnis zur Personenbeförderung muss auch die Gewähr dafür bieten, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen jederzeit gerecht wird. Das VG Oldenburg[17] hatte den Fall zu entscheiden, dass die Bewerberin um eine solche Fahrerlaubnis u.a. in Bezug auf eigene Gesundheits- und Vermögensangelegenheiten unter Betreuung stand und zudem mehrere Straftaten begangen hatte. Die Behörde forderte die Vorlage eines Eignungsgutachtens. Dieses brachte die Betroffene nicht bei. Gegen die anschließende Versagung der Erteilung der Fahrerlaubnis erhob sie Verpflichtungsklage und stellte hierfür einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, den das Verwaltungsgericht ablehnte, weil es sich auf den Standpunkt stellte, es bestünden begründete Zweifel daran, dass die Bewerberin dieser besonderen Verantwortung gerecht werden könne. Im Gerichtsverfahren hatte die Betroffene ein für sie positives (allerdings von einem nicht ausreichend qualifizierten Gutachter stammendes) Gutachten vorgelegt.

Jemand, der in Bezug auf seine eigenen Gesundheits- und Vermögensangelegenheiten und den Verkehr mit Behörden unter Betreuung steht, bietet von vornherein nicht die Gewähr dafür, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen jederzeit gerecht wird. Der Einholung eines Eignungsgutachtens hätte es vor diesem Hintergrund deshalb wohl kaum bedurft (vgl. § 11 Abs. 7 FeV). Dieser Fehler im Verwaltungsverfahren hätte der Klage jedoch auch nicht zum Erfolg verholfen, weil die Klägerin dennoch keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Erlaubnis hat. In ihrem zentralen Punkt verdient die Entscheidung jedoch Zustimmung. § 11 Abs. 8 FeV gilt auch im Verfahren betreffend eine erstmalige oder eine erneute Erteilung einer Fahrerlaubnis. Wird diese von der Behörde aufgrund der Nichtbeibringung eines zu Recht geforderten Fahreignungsgutachtens versagt, ist in einem anschließenden Gerichtsverfahren der maßgebliche Zeitpunkt zur Beurteilung der Frage, ob der Betroffene einen Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis hat, nicht – wie sonst meist bei Verpflichtungsklagen üblich – derjenige der gerichtlichen Entscheidung, sondern derjenige der letzten Behördenentscheidung, so dass ein erst im Gerichtsverfahren vorgelegtes Gutachten der Klage nicht zum Erfolg verhelfen kann, weil der Sanktions- und Verfahrensvereinfachungscharakter des materiellen Rechts – nämlich von § 11 Abs. 8 S. 1 FeV – ansonsten leerliefe. Anders verhielte es sich allerdings, wenn das Gutachten bereits im Widerspruchsverfahren vorgelegt würde.[18]

Autor: Richter am Bayerischen VGH Felix Koehl , München

zfs 1/2014, S. 4 - 9

[17] Beschl. v. 30.5.2013 – 7 A 4708/13.
[18] OVG Münster v. 10.7.2003 – VD 2003, 73 und Jagow, Fahrerlaubnis- und Zulassungsrecht, Loseblattkommentar, § 11 FeV, S. 38.

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