Hinweis

Wir beantragen zum Beweis des obigen Sachverhalts

die Anhörung des Beklagten nach § 141 ZPO.

Wir regen die Parteivernehmung nach § 448 ZPO an.

Da die klägerische Partei ihren Zeugen im Gegensatz zur Beklagten-Partei im Prozess als Zeugen benennen kann, weisen wir ausdrücklich auf die "Vier-Augen-Rechtsprechung" hin. Diese betrifft Konstellationen, in der einer Partei ein Zeuge aus dem eigenen Lager zur Verfügung steht, während die Gegenpartei sich nicht auf einen Zeugen stützen kann, weil nur sie selbst das Geschehene wahrgenommen hat. In einem solchen Fall gebietet es einerseits der Grundsatz der Waffengleichheit und andererseits die Vorschrift des Art. 6 EMRK, dass eine solche Benachteiligung entweder durch eine Parteivernehmung gem. § 448 ZPO oder durch eine Anhörung der Partei gem. § 141 ZPO auszugleichen ist (EGMR NJW 1995, 1413; BGH NJW 1999, 365 ff.). Nur unter Beachtung einer dieser Alternativen kann dem prozessualen Grundsatz der Waffengleichheit genügt werden (BGH a.a.O.).

Nach ständiger BGH-Rechtsprechung kann das Gericht nach einer auch außerhalb einer förmlichen Parteierklärung erfolgten Parteierklärung dieser den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen geben (BGH a.a.O.; KG Berlin NZV 2010, 300).

 

Erläuterung:

Häufig sind bei Verkehrsunfällen neben den beteiligten Fahrern keine weiteren Zeugen vorhanden, oder allenfalls ein Zeuge als Insasse oder nicht prozessbeteiligter Fahrer eines der Unfallfahrzeuge.

Für die Würdigung der unterschiedlichen Aussagen der jeweils beteiligten Fahrer kommt es nach der Rechtsprechung eben gerade nicht darauf an, ob einer von beiden zufällig Partei und der andere Zeuge ist. Zugrunde liegt dem die sog. Vier-Augen-Rechtsprechung, wie sie in dem oben stehenden Praxistext erläutert ist. Gerade bei Verkehrsunfällen führt das dazu, dass das Gericht für die volle richterliche Überzeugungsbildung der Aussage der Partei folgen darf entgegen der Aussage des Zeugen.

Die "Vier-Augen-Rechtsprechung" bezieht sich direkt nur auf den Fall, dass eine Partei einen Zeugen benannt hat, bei Verkehrsunfällen ist das meist der Kläger, der selbst nicht Fahrer war und den anderen Fahrer mitverklagt. Über diesen direkten Anwendungsbereich hinaus ist der Antrag auf Anhörung der eigenen Partei und Anregung der Parteivernehmung auch auf Klägerseite sinnvoll.

Nach dem Beschluss des BVerfG v. 27.2.2008 – Az. 1 BvR 2588/06 ist aber zwingend ein Antrag auf Anhörung der Partei erforderlich. Zu Recht stellt das BVerfG darauf ab, dass schließlich auch die Partei mit dem Zeugen einen Beweisantrag auf Anhörung des Zeugen stellen muss, bevor ein Gericht diesen Beweis erhebt.

Der Anwalt darf sich deshalb nicht darauf verlassen, dass das Gericht von sich aus die beteiligten Fahrer anhört.

Wenn die eigene Partei mitverklagt ist, muss zwingend ein Antrag auf Anhörung nach § 141 ZPO als förmlicher Beweisantrag gestellt werden.

Da viele Richter die Rechtslage der "Vier-Augen-Rechtsprechung" nicht kennen oder jedenfalls nicht aktuell auf den Fall anwenden und stattdessen "Knöpfe abzählen", ist der Hinweis auf die Rechtslage mit einem Textbaustein geboten.

Jörg Elsner LL.M., Rechtsanwalt und Notar, Hagen

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