“II. Die Beschwerde, über die der Senat gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zu entscheiden hat, ist unzulässig. Zwar ist die aus eigenem Recht eingelegte Streitwertbeschwerde der Beschwerdeführerin gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG statthaft. Sie ist aber unzulässig, weil die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Streitwertbeschluss nicht beschwert ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die vom LG vorgenommene gestaffelte Streitwertfestsetzung zutreffend ist (vgl. hierzu OLG Dresden, Beschl. v. 19.7.2022 – 12 W 367/22, juris Rn 4; AGS 2022, 463 (Hansens); OLG Bremen, Beschl. v. 5.1.2022 – 2 W 56/21, juris Rn 6, AGS 2022,92 (N. Schneider) jew. m.w.N.). An einer Beschwer fehlt es jedenfalls deshalb, weil unabhängig von der mit der Beschwerde angestrebten Änderung der Streitwertfestsetzung die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV aus einem Gegenstandswert von 16.452,83 EUR, die Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV aber aus einem Gegenstandswert von 5.496,57 EUR zu berechnen ist und ein Erfolg der Beschwerde deshalb die Rechtsposition der Beschwerdeführerin nicht verbessern würde.

1. In gerichtlichen Verfahren bestimmt sich der Gegenstandswert für die wertabhängigen Gebühren des Rechtsanwalts (§ 13 RVG) gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG grundsätzlich nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Dabei handelt es sich um solche Anwaltsgebühren, die durch eine Tätigkeit des Anwalts in einem gerichtlichen Verfahren entstanden sind. Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Anwalts maßgeblich. Dies gilt jedoch uneingeschränkt nur dann, wenn der Gegenstand der gerichtlichen mit dem der anwaltlichen Tätigkeit identisch ist. Voraussetzung für die Anwendung des § 32 Abs. 1 RVG ist demgemäß, dass sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auftragsgemäß auf denselben Gegenstand bezogen hat, der auch der gerichtlichen Tätigkeit zugrunde lag (BGH, Urt. v. 14.12.2017 – IX ZR 243/16, AGS 2018, 60 = RVGreport 2018, 150 (Hansens) m.w.N.; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl., § 32 Rn 7 ff.). Soweit sich der Gegenstand der gerichtlichen Tätigkeit nicht mit derjenigen des Rechtsanwalts deckt, richten sich dessen wertabhängige Gebühren nach einem anderen Gegenstandswert als die Gerichtsgebühren. Das gilt insbesondere für die Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV. Denn diese richtet sich nach dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung, während für die gerichtliche Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 GKG-KV gemäß § 39 GKG der Gesamtwert aller während des Verfahrens anhängig gemachter Gegenstände maßgebend ist (OLG München, Beschl. v. 16.10.2020 – 11 W 1436/20, zfs 2021, 166 m. Anm. Hansens = AGS 2021, 39 (Hansens); OLG Nürnberg, Beschl. v. 12.1.2022 – 2 W 4619/21, NJW 2022, 951 Rn 10, 12 = JurBüro 2022, 951).

2. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, sie sei durch die gestaffelte Streitwertfestsetzung des Landgerichts deshalb beschwert, weil infolge der Bindungswirkung des § 32 Abs. 1 RVG die Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV aus dem für die Zeit nach dem 7.11.2022 festgesetzten Wert von 5.496,57 EUR anfalle, während sie bei einheitlicher Festsetzung des Streitwerts auf 16.452,83 EUR nach § 32 Abs. 1 RVG aus diesem höheren Wert zu berechnen sei. Das trifft nicht zu. Die mit der Beschwerde angestrebte Festsetzung des Streitwerts auf einheitlich 16.452,83 EUR wäre für die Berechnung der Terminsgebühr nicht nach § 32 Abs. 1 RVG maßgebend, weil insofern der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit nicht mit dem der gerichtlichen Tätigkeit identisch ist. Wird die Klage vor der mündlichen Verhandlung teilweise zurückgenommen, so berechnet sich die Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 RVG-VV jedenfalls dann nicht nach dem ursprünglichen Wert, sondern nach dem verbleibenden Gegenstand der Klage, wenn die Rücknahme vor dem Aufruf der Sache wirksam geworden ist und dem Gericht bei der Verhandlung bekannt war.

a) Die anwaltliche Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV richtet sich, ebenso wie die gerichtliche Verfahrensgebühr gemäß Nr. 1210 GKG-KV, nach den Anträgen aus dem Schriftsatz vom 31. 5 2022 und ist damit aus einem Wert von 16.452,83 EUR angefallen. Insofern besteht Identität zwischen dem Wert der anwaltlichen und dem der gerichtlichen Tätigkeit, so dass der für die Gerichtsgebühren festgesetzte Wert nach § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist. Dass das LG diesen Wert unzutreffend festgesetzt hätte, macht die Beschwerde nicht geltend.

b) Für die Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV ist der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2022 maßgebend. Dieser bestimmt sich, da der Kläger die Klage teilweise zurückgenommen hat, die Rücknahme vor der mündlichen Verhandlung wirksam geworden ist und dies dem Gericht in der Verhandlung bekannt war, nach dem nach der Teilrücknahme...

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