Die Entscheidung im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren, ob eine Haftungsprivilegierung des Schädigers nach § 105 Abs. 2 SGB VII gegenüber dem nicht-versicherten Unternehmer eingreift, unterliegt der Bindungswirkung des § 108 SGB VII.[100] Dies gilt auch dann, wenn im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren ein Arbeitsunfall mit der Begründung verneint wird, es bestehe keine zivilrechtliche Schadenersatzpflicht.[101] Die Annahme eines Versicherungsfalles setzt nach § 105 Abs. 2 SGB VII ausdrücklich voraus, dass eine zivilrechtliche Ersatzpflicht des Schädigers besteht. Damit wird auch im Hinblick auf das Bestehen einer zivilrechtlichen Ersatzpflicht eine bindende Entscheidung im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren getroffen.
Würde man im Hinblick auf das Bestehen des zivilrechtlichen Anspruches eine Bindungswirkung verneinen, hätte dieses zur Konsequenz, dass der Geschädigte im zivilrechtlichen Verfahren die negative Entscheidung im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren konterkarieren könnte. Sollte das Zivilgericht dem Geschädigten einen Anspruch zusprechen, könnte er nach § 44 SGB X die Rücknahme der negativen sozialversicherungsrechtlichen Entscheidung begehren. Dies gilt auch dann, wenn die Entscheidung des Unfallversicherers in einem sozialversicherungsrechtlichen Verfahren rechtskräftig bestätigt wurde.[102] Der Geschädigte könnte somit eine "Doppelentschädigung" bei Verneinung der Bindungswirkung erhalten.
Autor: Rechtsanwalt Dr. Michael Burmann, Rechtsanwalt Jürgen Jahnke
zfs 11/2020, S. 604 - 613
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