[15] "… II. Mit der vom BG gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Kl. auf Ersatz der Kosten und Einbußen, die sie aufgrund der von ihr im Wege der Selbstvornahme veranlassten Reparatur des gekauften Pkw geltend macht, nicht verneint werden. Denn die Beurteilung des BG, wonach es wegen der unterlassenen Vorstellung des Fahrzeugs in Berlin bereits an einem für den beanspruchten Schadensersatz (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB) gem. § 439 Abs. 1 BGB erforderlichen wirksamen Nacherfüllungsverlangen gefehlt habe, weil der Kl. auch ohne den angeforderten Transportkostenvorschuss eine Verbringung des Fahrzeugs dorthin zwecks Ermöglichung einer Untersuchung der gerügten Mängelerscheinungen zuzumuten gewesen sei, ist in einem entscheidenden Punkt mit Rechtsfehlern behaftet."

[16] 1. Das BG hat es – nach seinem Standpunkt folgerichtig – dahinstehen lassen, ob das verkaufte Fahrzeug die von der Kl. behaupteten und ihrem Ersatzbegehren zugrunde gelegten Motordefekte gehabt hat und aus diesem Grunde nicht mehr fahrbereit gewesen ist. Es ist deshalb für die revisionsrechtliche Prüfung als notwendige Voraussetzung sowohl des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs als auch des nachstehend behandelten Transportkostenvorschussanspruchs (vgl. Senatsurt. v. 30.4.2014 – VIII ZR 275/13, BGHZ 201, 83 = ZIP 2014, 1127 Rn 11 m.w.N.) zu unterstellen, dass diese Mängel, und zwar in der nach § 476 BGB zu vermutenden Weise (dazu Senatsurt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, ZIP 2016, 2272 = WM 2017, 396 Rn 36, z.V.b. in BGHZ, dazu EWiR 2017, 47 (Sagan/Scholl)), vorgelegen und zu den Aufwendungen geführt haben, welche die Kl. aus Anlass der von ihr selbst veranlassten Reparatur und einer dadurch bedingten Unterbrechung der Nutzungsmöglichkeit als Schäden geltend gemacht hat.

[17] Insoweit ist das BG zugleich unangegriffen davon ausgegangen, dass der in die Kaufvertragsurkunde aufgenommene Ausschluss einer Sachmängelhaftung gem. §§ 474 Abs. 1, 475 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist. Denn die Kl. ist nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien in den Tatsacheninstanzen Verbraucherin i.S.v. § 13 BGB und auch sonst nach ihrem Gesamterscheinungsbild nicht als Unternehmerin i.S.v. § 14 Abs. 1 BGB aufgetreten (vgl. dazu Senatsurt. v. 22.12.2004 – VIII ZR 91/04, ZIP 2005, 357 = WM 2005, 1612 unter II 2 a, dazu EWiR 2005, 463 (Moseschus)). Die gleichwohl im Formularvertrag vorgenommene Bezeichnung der Kl. als Firma und des Kaufvertrags als Händlergeschäft stellt sich deshalb als eine gem. § 475 Abs. 1 S. 2 BGB unzulässige Umgehung des halbzwingenden Charakters der in S. 1 dieser Bestimmung aufgeführten Vorschriften dar, im Streitfall also als eine Umgehung der sich aus §§ 437, 439 ff. BGB ergebenden Gewährleistungsrechte der Kl., so dass der von ihr geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht schon aus diesem Grunde ausscheidet.

[18] 2. Ein auf Erstattung der namentlich für Reparatur und Transport angefallenen Aufwendungen gerichteter Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 437 Nr. 3, §§ 280, 281, 440 BGB), der nach dem Vorrang der Nacherfüllung bei Selbstvornahme der Mangelbeseitigung durch den Käufer als einziger Anspruch in Betracht kommt, steht – wie auch das BG richtig gesehen hat – der Kl. wegen dieses Nacherfüllungsvorrangs nur unter den Voraussetzungen der §§ 281, 440 BGB zu; dies erfordert, dass die Kl. entweder der Bekl. erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat (§ 281 Abs. 1 S. 1 BGB) oder dass eine solche Fristsetzung gem. § 281 Abs. 2 BGB beziehungsweise nach § 440 BGB entbehrlich war (Senatsurt. v. 12.1.2011 – VIII ZR 346/09, ZIP 2011, 719 = WM 2011, 909 Rn 15, dazu EWiR 2011, 271 (Stöber); Senatsurt. v. 21.12.2005 – VIII ZR 49/05, WM 2006, 1355 Rn 18, dazu EWiR 2006, 277 (Reinking); Senatsurt. v. 22.6.2005 – VIII ZR 1/05, NJW 2005, 3211 unter II 1; Senatsurt. v. 23.2.2005 – VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 225, 227 ff. = ZIP 2005, 861 (m. Bespr. Gsell, S. 922), dazu EWiR 2005, 497 (Keil)).

[19] Diese Voraussetzungen sind – anders als die Revision meint – zwar nicht schon deshalb gegeben, weil der Erfüllungsort für die von der Kl. geforderte Nachbesserung an ihrem Wohnsitz oder dem damit identischen Fahrzeugstandort anzusiedeln wäre. Jedoch war entgegen der Auffassung des BG eine über die mit Fristsetzungen erhobene Mängelbeseitigungsaufforderung hinausgehende vorbehaltlose Bereitschaft der Kl. zum Transport des nicht fahrbereiten Pkw auf eigene Kosten an den Geschäftssitz der Bekl. in Berlin im Streitfall nicht noch zusätzlich zur Wirksamkeit dieser Aufforderung notwendig. Es war vielmehr ausreichend, dass die Kl. – wenn auch ohne Erfolg – zeitnah einen nicht ersichtlich unangemessenen Transportkostenvorschuss von der Bekl. angefordert hat sowie alternativ bereit war, ihr selbst die Durchführung des Transports zu überlassen beziehungsweise – was dies selbstredend eingeschlossen hat – eine vorgängige Untersuchung des Fahrzeugs an dessen Belegenheitsort zu ermöglichen.

[20] a) Eine w...

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