Der Entscheidung des BGH kann ich nicht in allen Punkten zustimmen. Einig bin ich mit dem BGH zunächst mit folgenden Feststellungen: Wird ein nur vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil, aus dem der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betrieben hat, später durch ein anderes Urteil oder durch einen Prozessvergleich der Höhe nach dergestalt abgeändert, dass der Schuldner nur einen geringeren Betrag als den zuvor ausgeurteilten Betrag zu zahlen hat, sind die bereits angefallenen Vollstreckungskosten nur in der Höhe erstattungsfähig, in der sie angefallen wären, wenn der Gläubiger die Zwangsvollstreckung von vornherein auf den später bestätigten Betrag beschränkt hätte. Das war hier der im Vergleich titulierte Betrag von 2.421 EUR.

Dies hat im Regelfall nur Einfluss auf die Gebühren des mit der Zwangsvollstreckung beauftragten Rechtsanwalts des Gläubigers, die sich nach dem Gegenstandswert berechnen. Die Gebühren des Gerichtsvollziehers und/oder des Gerichts entstehen im Regelfall als vom Wert unabhängige Festbetragsgebühren und wären bei einer Beschränkung der Zwangsvollstreckung auf einen geringeren Betrag nicht geringer.

Ich kann der Entscheidung des BGH jedoch insoweit nicht zustimmen, als nach dessen Auffassung die in dem Prozessvergleich v. 23.1.2013 vereinbarte Stundung des Vergleichsbetrags keinen Einfluss auf die Erstattungsfähigkeit der Vollstreckungskosten aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Vorbehaltsurteil haben soll. Nach den Vereinbarungen im Prozessvergleich war die erste Rate am 1.3.2013 fällig, die weiteren Raten jeweils zum Monatsersten der folgenden Monate. Erst wenn die Schuldnerin mit einer Zahlung von mehr als 10 Werktagen in Verzug geraten wäre, sollte die gesamte noch offene Forderung sofort fällig und verzinslich sein. Dass hier die Schuldnerin mit einer Rate in Verzug gewesen war, ist dem mitgeteilten Sachverhalt nicht zu entnehmen. Folglich ist davon auszugehen, dass sie entsprechend den Vereinbarungen im Prozessvergleich ihrer Verpflichtung zur Zahlung der Raten regelmäßig nachgekommen war. Eine Zwangsvollstreckung aus der Vergleichssumme hätte damit nicht stattfinden können, da die Schuldnerin die zum Monatsersten fälligen Raten jeweils gezahlt hatte und die weiteren Raten noch nicht fällig gewesen sind.

Der BGH hat diesem Umstand keine Bedeutung beigemessen, weil der Schuldnerin die Stundung erst im Prozessvergleich und damit nach Durchführung der Zwangsvollstreckung gewährt worden ist. Dabei ist der VII. ZS des BGH hier jedoch von der – m.E. zutreffenden – Auffassung des VIII. ZS des BGH in seinem Beschl. v. 7.9.2011 – RVGreport 2011, 469 (Hansens) = AGS 2012, 90 – abgewichen, ohne dies zu erörtern. In dem Fall des VIII. ZS des BGH hatte der Kl. aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil die Zwangsvollstreckung betrieben. Im Rechtsmittelzug hatte das BG die erstinstanzliche Verurteilung im Hauptsachebetrag zwar bestätigt, jedoch ausgeführt, dass diese Forderung erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig sei als von der Vorinstanz angenommen. Dieser Fälligkeitszeitpunkt lag erst nach der Durchführung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil. Der VIII. ZS des BGH hat die Vollstreckungskosten deshalb nicht als erstattungsfähig angesehen, weil durch das Berufungsurteil die materiell-rechtliche Grundlage der im erstinstanzlichen Urteil ausgesprochenen und für vorläufig vollstreckbar erklärten Leistungspflicht des Beklagten insoweit entfallen sei, als sie dessen Zahlungsverpflichtung vor Ablauf des Fälligkeitszeitpunkts zum Inhalt hatte. Diese Fallgestaltung sei mit derjenigen vergleichbar, in der das Urteil, aus dem die vorläufig angeordnete Zwangsvollstreckung betrieben worden sei, aufgehoben worden sei.

Im Falle des VII. ZS des BGH haben die Parteien dem erstinstanzlichen Vorbehaltsurteil die materiell-rechtliche Grundlage insoweit entzogen, als der Vergleichsbetrag nur unter bestimmten, hier offensichtlich noch nicht eingetretenen Voraussetzungen fällig und vollstreckbar sein sollte. Für die Erstattungsfähigkeit der Kosten der Zwangsvollstreckung aus einem – abgeänderten – für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil kommt es somit allein darauf an, ob und in welchem Umfang dieses Urteil dann im Rechtsmittelzug oder durch einen Prozessvergleich bestätigt worden ist. Damit war hier die Entscheidung des LG B richtig, das die Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrags des Gläubigers auf die nach Vergleichsschluss fehlende Fälligkeit des Vergleichsbetrags gestützt hat.

Die Parteien sind allerdings nicht gehindert, diese vorstehend erörterten Rechtsfolgen durch eine Regelung in dem Prozessvergleich abzuändern. So kann sich der Schuldner in dem Vergleich verpflichten, trotz der Aufhebung oder Abänderung des für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils dem Gläubiger die gesamten Vollstreckungskosten zu erstatten. Andererseits kann sich der Gläubiger verpflichten, gegen den Schuldner keine Kosten der Zwangsvollstreckung aus dem abgeänderten oder aufgehobenen ...

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