[8] "Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg."

[9] I. Das BG hat Ansprüche der Kl. sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht verneint.

[10] Ein etwaiger öffentlich-rechtlicher Anspruch der Stadt L gem. § 15 Abs. 1 des Hessischen Straßengesetzes (HStrG), wonach eine Gemeinde (unter anderem) die Verunreinigung von Ortsdurchfahrten auf Kosten des Verursachers beseitigen oder beseitigen lassen könne, sei jedenfalls nicht wirksam an die Kl. abgetreten worden. Ein privatrechtlicher Schadensersatzanspruch gem. § 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB stehe der Stadt L nicht zu, da sie nicht Eigentümerin der verschmutzten Straße sei.

[11] Die Kl. habe gegen die Bekl. auch keine Ansprüche aus eigenem Recht aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Denn sie habe ohne den notwendigen Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt. Da die Kl. aufgrund des mit der Stadt L geschlossenen Vertrags tätig geworden sei, spiele es keine Rolle, dass es sich bei der Reinigung der Straße sowohl um ein objektiv eigenes als auch um ein objektiv fremdes Geschäft gehandelt habe. Die Grundsätze des sog. auch-fremden Geschäfts seien nicht anwendbar, wenn – wie vorliegend – Rechte und Pflichten und insb. die Entgeltfrage in einem mit einem Dritten geschlossenen Vertrag umfassend geregelt seien. Dem Auftragsformular vom 11.5.2010 sei zu entnehmen, dass die Reinigung der Straße gegen Zahlung einer Vergütung erfolgen solle. Soweit das Formular auf eine Beauftragung durch den Halter bzw. Fahrer des die Verunreinigung verursachenden Fahrzeugs zugeschnitten sei, ergebe sich bei interessengerechter Vertragsauslegung nichts anderes. Es sei ohne Belang, dass die vertragliche Vereinbarung keine ausdrückliche Regelung über die Höhe der von der Stadt L an die Kl. zu zahlenden Vergütung enthalte. Insofern sei ausreichend, dass die geschuldete Leistung überhaupt vergolten werden sollte.

[12] II. Dies hält der rechtlichen Überprüfung stand.

[13] 1. Soweit das BG Ansprüche der Kl. aus abgetretenem Recht der Stadt L verneint hat, wird dies von der Revision hingenommen.

[14] 2. Das BG hat zutreffend eigene Ansprüche der Kl. gegen die Bekl. aus Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677, 683, 670 BGB verneint.

[15] a) Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 HStrG hat derjenige, der eine Straße über das übliche Maß hinaus verunreinigt, die Verunreinigung ohne Aufforderung unverzüglich zu beseitigen. Aufgrund dieser neben der polizeilichen Reinigungspflicht der Gemeinde (§ 10 HStrG) bestehenden gesetzlichen Reinigungspflicht des Verursachers hat die Kl. mit der Beseitigung der Verunreinigung (auch) ein Geschäft der Bekl. ausgeführt.

[16] b) Beruht die Verpflichtung des Geschäftsführers indes auf einem wirksam geschlossenen Vertrag, der die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers und insb. die Entgeltfrage umfassend regelt, kann ein Dritter, dem das Geschäft auch zu Gute kommt, nicht auf Aufwendungsersatz wegen einer Geschäftsführung ohne Auftrag in Anspruch genommen werden (BGH, Urt. v. 21.10.2003 – X ZR 66/01, NJW-RR 2004, 81, 83 m.w.N. und v. 28.6.2011 – VI ZR 184/10, NVwZ-RR 2011, 925, 926 Rn 9; Staudinger/Bergmann [2006], BGB, Vorbem zu §§ 677 ff., Rn 324). Den Rückgriff auf Aufwendungsersatzansprüche verwehrt in diesem Fall der aus der Parteiautonomie folgende Vorrang der vertraglichen Rechte gegenüber dem Ausgleich der aus der erbrachten Leistung resultierenden Vorteile Dritter, die außerhalb des Vertrags stehen (BGH, Urt. v. 21.10.2003 a.a.O.).

[17] c) Die Würdigung des BG, die Beauftragung der Kl. durch die Stadt L sei als eine i.d.S. umfassende Regelung zu verstehen, hält den Angriffen der Revision stand. Das Revisionsgericht überprüft die Auslegung von Individualvereinbarungen durch den Tatrichter nur daraufhin, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, Verfahrensvorschriften oder anerkannte Denkgesetze und Erfahrungssätze vorliegen und sich der Tatrichter mit dem Verfahrensstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurt. v. 13.1.2011 – III ZR 87/10, BGHZ 188, 71 Rn 14).

[18] Diesbezügliche Fehler der vom BG vorgenommenen Auslegung des zwischen der Stadt L und der Kl. geschlossenen Vertrags sind nicht erkennbar.

[19] Vorliegend ist zwar der Revision einzuräumen, dass die über der Unterschriftsleiste befindliche Textpassage des Auftragsformulars ihrem Wortlaut nach lediglich eine Erklärung des Halters und/oder des Fahrers des die Verunreinigung verursachenden Fahrzeugs dahingehend beinhaltet, dass er (neben seinem Haftpflichtversicherer) persönlich verpflichtet sei, die Kosten der Reinigung zu tragen. Da aber der Vertreter der Stadt L gleichwohl über der Leiste “Unterschrift Berechtigter/Fahrer/Halter’ und unter den zuvor bezeichneten beiden Textpassagen das Auftragsformular unterschrieben hat, bestehen unter Zugrundelegung des revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs keine Bedenken gegen eine Auslegung der Willenserklärung der Stadt L dahingehend, sie wolle die Klausel, aus der sich eine Kostenpflichtigkeit des unterzeichn...

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