[4] “II. Das LG hat der Klage auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung von Versicherungsschutz für den Leitungswasserschaden stattgegeben. Auf die Berufung der Bekl. hat das OLG das Urt. aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kl. Wiederherstellung des landgerichtlichen Urt.

[5] III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S.v. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen nicht vor und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

[6] 1. Entgegen der Ansicht des BG in dem sehr sorgfältigen Urt. und der Revision kommt dem Verfahren keine grds. Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zu.

[7] a) Diese ist gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO dann anzunehmen, wenn eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt … Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie vom BGH bisher nicht entschieden ist und von einigen OLG unterschiedlich beantwortet wird oder in den beteiligten Verkehrskreisen umstritten ist oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen dazu vertreten werden …

[8] b) Danach ist eine grds. Bedeutung nicht ersichtlich. Es gibt zur Frage des Zeitpunkts des Vorliegens einer Gefahrerhöhung keine divergierende Rspr. und auch keine unterschiedlichen Literaturansichten, und zwar auch nicht im Zusammenhang mit einer geänderten Gebäudenutzung. Thematisiert wird diese Frage in der Literatur bisher insb. im Zusammenhang mit sog. Brandreden, Bombendrohungen und Erpressungen. Anerkannt ist, dass allein die Absichten des VN oder von Dritten regelmäßig nicht ausreichen, sondern von einer realen Gefahrerhöhung nur dann gesprochen werden kann, wenn ein Umstand unter Berücksichtigung möglicher Kausalverläufe die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Versicherungsfalles ex ante steigert. Ein Beobachter, der die fraglichen Umstände kennt, muss allein aufgrund dieser Kenntnis eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Versicherungsfalls feststellen können. Die Gefahrerhöhung beginnt mit dem Anfang eines vorprogrammierten Geschehens, in dessen Verlauf es zu einer gefahrerhöhenden Bedrohung kommt (grundlegend Prölss, VersR 2004, 576, 577 f.; Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 23 Rn 22; in ähnliche Richtung: MüKo-VVG/Wrabetz/Reusch, § 23 Rn 184; Looschelders, in: Looschelders/Pohlmann, VVG, § 23 Rn 9 f.; Bruck/Möller/Matusche-Beckmann, VVG 9. Aufl. § 23 Rn 6 ff.).

[9] Es kommt mithin stets maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalles an, wann sich die Absichten eines VN im Hinblick auf eine Gefahrerhöhung derart verdichtet haben, dass ihre Umsetzung bereits begonnen hat. Die Ansicht des BG, dass im vorliegenden Fall der Plan der VN durch die Beantragung der Nutzungsänderung bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde Ende Oktober 2007 sowie der Durchführung der Umbauarbeiten bereits in die Tat umgesetzt worden sei und zum Zeitpunkt des Schadenereignisses eine Gefahrerhöhung vorgelegen habe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die VN hatten Fakten geschaffen, die nicht mehr nur im Bereich ihrer inneren Vorstellungen blieben, sondern nach außen hin sichtbar wurden und die Aufmerksamkeit Dritter auf sich ziehen konnten.

[10] 2. Es liegen auch keine revisionsrechtlich beachtlichen Fehler vor. Beweiserhebungen zur Frage der Gefahrerhöhung durch einen Bordellbetrieb waren ebenso wenig notwendig wie zu der Frage, ob sich die beabsichtigte Nutzung als Bordell bereits herum gesprochen hatte.

[11] a) Nach ständiger Senats-Rspr. soll durch die Bestimmungen der §§ 23 ff. VVG das Gleichgewicht zwischen Prämienaufkommen und Versicherungsleistung aufrechterhalten bleiben: Der VR soll nicht gezwungen sein, sich an einem Versicherungsvertrag festhalten zu lassen, obwohl sich die Risikolage so geändert hat, dass nach den Erkenntnissen der Versicherungsmathematik und den Grundsätzen der Versicherungstechnik die Erhebung einer höheren Prämie geboten gewesen wäre. Von einer Gefahrerhöhung kann demnach nur dann gesprochen werden, wenn nachträglich eine Gefahrenlage eingetreten ist, bei welcher der VR den in Frage stehenden Versicherungsvertrag entweder überhaupt nicht oder jedenfalls nicht zu der vereinbarten Prämie abgeschlossen hätte. Es kommt nicht auf einzelne Gefahrumstände an, sondern darauf, wie sich die Gefahrenlage im Ganzen seit der Antragstellung entwickelt hat. Dabei sind alle aus dem Parteivortrag ersichtlichen gefahrerheblichen Tatsachen in Betracht zu ziehen (BGHZ 79, 156, 158 m.w.N.; Senat VersR 1987, 921 unter 2). Dass eine geänderte Gebäudenutzung eine Gefahrerhöhung darstellen kann, entspricht gefestigter Rspr. und ganz herrschender Ansicht (BGH VersR 1966, 721; Loacker, in: Schwintowski/Brömmelmeyer, VVG, 2. Aufl., § 23 Rn 18). Ebenfalls ist es anerkannt, dass die Änderung der gewerblichen Nutzung von Räumlichkeiten zur Nutzung als Bordell anzeigepf...

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