[8] “Die Klage sei auch begründet. Die Kl. könne die geltend gemachten Kosten nach § 280 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen. Zwischen den Parteien sei ein Kaufvertrag über den getankten Dieselkraftstoff dadurch zu Stande gekommen, dass der Bekl. das als Realofferte in der Aufstellung der betriebsbereiten Zapfsäule liegende Angebot der Kl. durch die Entnahme des Kraftstoffs angenommen habe (§§ 145, 151 BGB). Bei einer Selbstbedienungstankstelle habe der Kunde die vertragliche Nebenpflicht, die getätigte Betankung durch Angabe der benutzten Zapfsäule an der Kasse anzumelden. Diese Nebenpflicht habe der Bekl. schuldhaft verletzt. Soweit der Bekl. in der Berufungsinstanz erstmals ein Unterlassen der Mitteilung an der Kasse mit Nichtwissen bestritten und später eine Vornahme der Mitteilung behauptet habe, stehe dieses Vorbringen im Widerspruch zu seinem bisherigen Vortrag, wonach er an den Bezahlvorgang keine konkrete Erinnerung mehr habe.

[9] Daneben stehe der Kl. der geltend gemachte Anspruch auch aus § 280 Abs. 2, § 286 Abs. 1, 2 Nr. 4 BGB zu. Der Kaufpreis für den Kraftstoff sei nach Beendigung des Tankvorgangs gem. § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig. Gem. § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB sei eine Mahnung für den Verzugseintritt entbehrlich. Die besonderen Gründe für den sofortigen Verzugseintritt lägen darin, dass bei Selbstbedienungstankstellen dem Gläubiger die Identität des Schuldners regelmäßig unbekannt und auch nicht ohne weiteres zu ermitteln sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass bei Selbstbedienungstankstellen, anders als bei anderen Barverkaufsgeschäften, dem Gläubiger bei Nichtzahlung aufgrund seiner Vorleistung die Ware nicht erhalten bleibe.

[10] Die Detektivkosten seien erforderlich und angesichts des von der Kl. dargelegten Umfangs der Tätigkeit angemessen. Sie stünden auch nicht außer Verhältnis zur Höhe des ausstehenden Tankbetrages. Abgesehen davon, dass es nicht möglich sei, eine abstrakte Bagatellgrenze festzulegen, bei deren Unterschreitung die Ermittlung und Verfolgung des Tankschuldners unterbleiben müsse, sei der darin liegende Verzicht auf die Eintreibung von Bagatellbeträgen den Tankstellenpächtern nicht zuzumuten. Für ein Mitverschulden der Kl., welches darin liegen könne, dass deren Angestellte es unterlassen habe, den Bekl. nach einem etwaigen Tankvorgang zu befragen, fehle es an einem Beweisangebot des Bekl..

[11] II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Dem Kl. steht der geltend gemachte Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1, 2 Nr. 4 BGB zu, sodass offen bleiben kann, ob die Annahme des BG, der geltend gemachte Anspruch bestehe auch aus § 280 Abs. 1 BGB, zutreffend ist.

[12] 1. Der Bekl. war mit der Bezahlung des am 7.3.2008 getankten Kraftstoffs in Verzug geraten, als er das Tankstellengelände verließ, ohne den Kraftstoff zu bezahlen.

[13] a) Ein Kunde, der an einer Selbstbedienungstankstelle Kraftstoff in seinen Tank füllt, schließt bereits zu diesem Zeitpunkt mit dem Tankstellenbetreiber oder – je nach der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen Tankstellenbetreiber und Mineralölunternehmen – durch Vermittlung des Tankstellenbetreibers mit dem Mineralölunternehmen einen Kaufvertrag über die entnommene Menge Kraftstoff (OLG Düsseldorf NStZ 1982, 249; OLG Hamm NStZ 1983, 266, 267; … ; Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 145 Rn 8; Staudinger/Bork, BGB, 2010, § 145 Rn 8; … ).

[14] Entgegen der Ansicht der Revision (ebenso Deutscher, NStZ 1983, 507 f.; vgl. auch Gauf, NStZ 1983, 505, 507) findet der Kaufvertragsschluss in diesem Fall nicht erst an der Kasse statt. Die insoweit von der Revision aufgezeigte Parallele zum Einkauf in Selbstbedienungsläden (vgl. hierzu Erman/Armbrüster, a.a.O., § 145 Rn 10; Staudinger/Bork, a.a.O. Rn 7 f.; … ) trägt nicht, denn es besteht in beiden Fällen eine unterschiedliche Interessenlage, die auch zu einer anderen rechtlichen Bewertung führt.

[15] In einem Selbstbedienungsladen kann die vom Kunden aus dem Regal entnommene Ware problemlos wieder zurückgelegt und anschließend an einen anderen Kunden verkauft werden. Nach der Verkehrsanschauung führt deshalb allein die Entnahme der Ware aus dem Regal noch nicht zu den Bindungswirkungen eines Kaufvertrages.

[16] An der Selbstbedienungstankstelle wird durch das Einfüllen des Kraftstoffs in den Tank hingegen ein praktisch unumkehrbarer Zustand geschaffen, sodass es dem Interesse beider Parteien entspricht, dass bereits zu diesem Zeitpunkt ein Kaufvertrag zu Stande kommt. Der Tankstellenbetreiber hat bei Abschluss des Tankvorgangs durch das Überlassen des Kraftstoffs bereits die Hauptpflicht des Verkäufers jedenfalls zur Besitzverschaffung (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB) erfüllt und wird hierzu ohne eine vertragliche Bindung regelmäßig nicht bereit sein. Ebenso hat aber auch der redliche Kunde ein Interesse daran, den Kraftstoff aufgrund eines – mit dem Einfüllen des Kraftstoffs in den Tank – geschlossenen Vertrages zu erlangen und ihn behalten zu dürfen, ohne dass dies davon abhängt, ob der Tankstellenbe...

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