Der Entscheidung ist zuzustimmen.

Beim Kraftfahrt-Bundesamt werden für den betroffenen Kraftfahrer keine verbindlichen Punktekonten in dem Sinne geführt, dass er im Wege der Leistungsklage Änderungen des Punktestandes verlangen könnte. Auch Feststellungsklagen auf verbindliche Feststellung des Punktestandes sind grundsätzlich ausgeschlossen (VGH Bad.-Württ. zfs 2007, 414 und zfs 2007, 418; vgl. auch Gebhardt, Verteidigung in Verkehrsstraf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren, 6. Aufl. 2009 § 11 Rn 115). Dabei wird die Feststellungsklage auf verbindliche Feststellung des Punktestandes gerade mit Blick auf die Möglichkeit des nachträglichen Rechtsschutzes gegen die Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde nach § 4 Abs. 1 S. 1 – wegen fehlenden Feststellungsinteresses – abgelehnt (VGH Bad.-Württ. zfs 2007, 414 und zfs 2007, 418; vgl. insgesamt auch Ziegert, zfs 2007, 602). Dieser nachträgliche Rechtsschutz, auf den verwiesen wird, muss dann aber auch möglich sein (Art. 19 Abs. 4 GG). Hierzu diese Entscheidung. Wurde – wie hier geschehen – zunächst Rechtsschutz gegen die Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar begeht, dann verlangt der effektive Rechtsschutz nach dennoch erfolgter Teilnahme am Aufbauseminar den Erhalt dieses nachträglichen Rechtsschutzes. Die Anfechtungsklage gegen die Teilnahmeanordnung hat sich durch die Teilnahme des Klägers an einem Aufbauseminar erledigt. Nicht erledigt hat sich allerdings die Frage der Höhe des Punktestandes. Letzteres hat vor allem deshalb zu gelten, weil die Höhe des Punktestandes im konkreten Fall für den (weiteren) Verlauf des Maßnahmensystems des § 4 Abs. 3 StVG und die daraus sich ergebenden verwaltungsrechtlichen Konsequenzen (vgl. z.B. § 4 Abs. 3 Nr. 3 StVG mit der Entziehung der Fahrerlaubnis bei Erreichen von 18 oder mehr Punkten) von Bedeutung ist.

Für die dann einschlägige Fortsetzungsfeststellungsklage bedarf es eines von der Feststellungsklage des § 43 VwGO zu unterscheidenden besonderen Feststellungsinteresses, das substantiiert vorgetragen werden muss. Dieses berechtigte Interesse ist anzunehmen, wenn der Kläger trotz Erledigung des angegriffenen Verwaltungsaktes noch ein nachvollziehbares Interesse an der Frage hat, ob der Verwaltungsakt ursprünglich rechtmäßig war. Die Hauptfälle in denen dieses (besondere) Feststellungsinteresse bei der Fortsetzungsfeststellungsklage gegeben ist, sind Wiederholungsgefahr, sofern diese hinreichend konkret ist, schutzwürdiges Rehabilitationsinteresse und Präjudizialität für Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche. Das Feststellungsinteresse kann auch dann vorliegen, wenn sich aus einem erledigten Verwaltungsakt eine fortdauernde Grundrechtsbeeinträchtigung ergibt, wozu auch das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) gehört. Die genannten Fallgruppen des Feststellungsinteresses sind nicht abschließend. So ist insbesondere denkbar, dass die Feststellung für ein anderes Rechtsverhältnis, insbesondere für ein anderes Verfahren, vorgreiflich sein kann oder der Kläger ein Interesse an der Klärung einer für die begehrte Feststellung erheblichen rechtlichen Vorfrage besitzt (vgl., insgesamt: Wolff, in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 113 Rn 244 ff., 269, 282, 284, Fehling/Castner/Wahrendorf, VwVfG/VwGO, Kommentar, 1. Aufl. 2006, § 113 Rn 69 ff.; kritisch zum Präjudizierungsfeststellungsinteresse: Fehling, u.a., a.a.O. Rn 89). Im vorliegenden Fall wird nun zu Recht zunächst auf diese Präjudizialität abgestellt. Das berechtigte Interesse wird deshalb bejaht, weil die Höhe des Punktestandes im Rahmen des gesetzlich vorgesehenen abgestuften und zu durchlaufenden Maßnahmensystems nach § 4 Abs. 3 StVG für die jeweils zu treffende Maßnahme Bedeutung hat. Richtig ist es auch, auf den Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes abzustellen, zumal bei erneuter Auffälligkeit die Rechtmäßigkeit der vorangegangenen bestandskräftigen Anordnung nicht überprüft wird.

Klaus-Ludwig Haus

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