Aus den Gründen: „ … II. 1. Das vorliegende Verfahren war – unter (klarstellender) Aufhebung des angefochtenen Urteils durch Beschluss gem. § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. §§ 354 Abs. 1, 206a, 260 Abs. 3 StPO einzustellen, weil die auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen ergeben hat, dass der Verfolgung der der Betroffenen angelasteten Tat in vorliegender Sache von Anfang an das Verfahrenshindernis der anderweitigen Verfolgung derselben Tat (Art. 103 Abs. 3 GG) entgegenstand (zu vgl. Göhler, OWiG, 14. Aufl., vor § 59 Rn 37; Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., Einl. Rn 145; KK-Wache, OWiG, 2. Aufl., vor § 53 Rn 47). Die den Gegenstand des vorliegenden Bußgeldverfahrens bildende Tat im verfahrensrechtlichen Sinn ist identisch mit der Tat, die der Betroffenen in dem Parallelverfahren 80 Js 2282/08 OWi StA Essen zur Last gelegt worden ist und wegen der das AG die Betroffene mit Urt. v. 20. Januar 2009 zu einer Geldbuße in Höhe von 100,- EUR und zu einem Fahrverbot für die Dauer eines Monats verurteilt hat. Auf Grund dieser Tatidentität stand dem vorliegenden Verfahren von Anfang an das Verfahrenshindernis der anderweitigen Verfolgung durch die Bußgeldbehörde entgegen, so dass das vorliegende Verfahren schon vor Erlass des Bußgeldbescheides dieser Sache am 22. September 2008 hätte eingestellt werden müssen. Aus den Vorgangsdatenblättern zur Historie beider Bußgeldverfahren ergibt sich, dass das vorliegende Bußgeldverfahren, welches sich zunächst gegen den bis dahin noch unbekannten Fahrer richtete, beim Ordnungsamt der Stadt Essen am 27. Juni 2008 eingeleitet wurde, wohingegen das auf der späteren, zweiten und in Höhe der Anschlussstelle Gelsenkirchen durchgeführten Messung beruhende Parallelverfahren am 8. Juli 2008 eingeleitet und zunächst ebenfalls gegen “unbekannt’ geführt wurde. Aus den Vorgangsdatenblättern beider Verfahren geht weiter hervor, dass – nach Durchführung entsprechender Fahrerermittlungen – jeweils auf Grund einer entsprechenden, von unterschiedlichen Sachbearbeitern der Bußgeldbehörde am 22. August 2008 getroffenen Verfügung nunmehr gegen die Betroffene als Täterin/Fahrerin ermittelt wurde und sich beide Bußgeldverfahren von diesem Zeitpunkt an gegen diese als Betroffene richteten. Während die diesbezügliche Verfügung der Sachbearbeiterin mit dem Bearbeiter-Kürzel U395326 in vorliegender Sache am 22. August 2008 um 11.57 Uhr getroffen wurde, ist im Vorgangsdatenblatt zum Parallelverfahren 80 Js 2282/08 OWi als Zeitpunkt der diesbezüglichen Verfügung der (anderen) Sachbearbeiterin mit dem Bearbeiter-Kürzel U395321 das Datum 22. August 2008, 11.12 Uhr, genannt. Auf Grund dieser zeitlichen Abfolge stand der Verfolgung des der Betroffenen angelasteten Geschwindigkeitsverstoßes in vorliegender Sache schon zum Zeitpunkt der Einleitung dieses Verfahrens gegen die Betroffene das Hindernis der anderweitigen Verfolgung der(selben) Tat in dem gegen die Betroffene bereits zuvor eingeleiteten und anhängigen Bußgeldverfahren mit dem Aktenzeichen 0323/5.072 662.2 Stadt Essen (= 80 Js 2282/08 OWi StA Essen) entgegen. Auf den Zeitpunkt des Erlasses der jeweiligen Bußgeldbescheide kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Unerheblich ist insbesondere, dass in vorliegender Sache der Bußgeldbescheid vom 22. September 2008 datiert, wohingegen der Bußgeldbescheid in dem – zeitlich früher gegen die Betroffene eingeleiteten – Parallelverfahren erst einen Tag später, nämlich am 23. September 2008 erlassen wurde.

Die der Betroffenen in den beiden vorgenannten Bußgeldbescheiden vorgeworfenen und – unzulässigerweise – in zwei gesonderten Bußgeldverfahren verfolgten Geschwindigkeitsverstöße, die bei zwei verschiedenen, im Abstand von einer Minute und 11 Sekunden durchgeführten Messungen festgestellt wurden, stellen eine einheitliche Tat im verfahrensrechtlichen (und materiell-rechtlichen) Sinn dar. Der Tatbegriff im Ordnungswidrigkeitenrecht ist mit dem des Art. 103 Abs. 3 GG und des Strafprozessrechts (vgl. §§ 155, 264 StPO) identisch (vgl. Göhler, a.a.O., vor § 59 Rn 50 m.w.N.). Die Tat im prozessualen Sinn ist ein einheitlicher geschichtlicher Vorgang, der sich von anderen ähnlichen oder gleichartigen unterscheidet und der das gesamte Verhalten des Täters umfasst, soweit es nach natürlicher Auffassung einen einheitlichen Lebensvorgang darstellt (zu vgl. Göhler, a.a.O., vor § 59 Rn 50 a; Meyer-Goßner, a.a.O., § 264 Rn 2 und 2 a m.w.N.). Besteht zwischen mehreren Handlungen in materiell-rechtlicher Hinsicht Tateinheit (vgl. § 19 OWiG), bilden diese auch prozessual eine Tat im Rechtssinne. Umgekehrt können aber auch mehrere, tatmehrheitlich (im materiell-rechtlichen Sinn) begangene Handlungen eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinne bilden, was dann der Fall ist, wenn die einzelnen Handlungen inhaltlich so miteinander verknüpft sind, dass ihre getrennte Aburteilung in verschiedenen Verfahren einen einheitlichen Lebensvorgang unnatürlich aufspalten würde (zu vgl. BVerfGE 45, ...

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