Kurz zu den Grundlagen: Die Rahmenbedingungen für das Fahreignungsseminar sind in den §§ 4a StVG und 42–44 Fahrerlaubnisverordnung geregelt.

Die Teilnehmer sollen sicherheitsrelevanten Mängel in ihrem Verkehrsverhalten und insb. in ihrem Fahrverhalten erkennen und abbauen (§ 4 Abs. 1 S. 1 StVG).

Das Seminar besteht aus einer verkehrspädagogischen und einer verkehrspsychologischen Teilmaßnahme.

Beide Teilmaßnahmen werden unabhängig voneinander durchgeführt, sind aber aufeinander abzustimmen. Es ist offen, wie das zu erfolgen hat.

Der verkehrspädagogische Teil wird durch einen Fahrlehrer in kleinen Gruppen von max. 6 Personen durchgeführt; es handelt sich um zwei Sitzungen à jeweils 90 Minuten in einem Abstand von mindestens einer Woche. Dieser Teil zielt auf die Vermittlung von Kenntnissen zum Risikoverhalten, die Verbesserung der Gefahrenkognition, die Anregung zur Selbstreflexion und die Entwicklung von Verhaltensvarianten (§ 42 Abs. 2 FeV).

Für die beiden Sitzungen gibt es einen Rahmenlehrplan aus Anl. 16 zur Fahrerlaubnisverordnung

Der verkehrspsychologische Teil zielt darauf ab, dem Teilnehmer Zusammenhänge zwischen auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen des regelwidrigen Verkehrsverhaltens aufzuzeigen. Er soll beim Teilnehmer Reflexionsbereitschaft erzeugen und Veränderungsbereitschaft schaffen (§ 42 Abs. 6 FeV)

Das Fahreignungsseminar wird einer wissenschaftlichen Evaluierung bis zum 1.5.2019 zugeführt. Dieser Bericht liegt noch nicht vor. Es steht aber heute schon fest, dass es eine zeitliche Befristung des für den Besuch eines Fahreignungsseminars gewährten Abzugs in Form von einem Punkt gibt. Diese Frist läuft mit dem 30.4.2020 aus. Wir müssen uns also Gedanken über die künftige Gestaltung des Fahreignungsseminars und die Frage eines Punktabzuges machen:

Das Seminar sollte beibehalten werden.

Aus Sicht der Praxis ist es für die Zukunft sinnvoll, dass zunächst der Verkehrspsychologe anfängt. Es geht darum, dass der Teilnehmer die eigentlichen Ursachen, die Zusammenhänge und die Bedingungen seiner Verkehrsdelikte versteht. In diesem ersten Teil müssen die Grundlagen gelegt werden.

Dann folgt die verkehrspädagogische Teilmaßnahme mit zwei Blöcken und den Schluss bildet der zweite Teil der verkehrspsychologischen Maßnahme, um die beim Teilnehmer gelegten Grundlagen zu verfestigen.

So kann man am besten die unterschiedlichen Schwerpunkte der Teilmaßnahmen verbinden, die zum einen auf der Kenntnisvermittlung zu Risiken im Straßenverkehr und zum anderen auf der selbstreflexiven Ebene von Ursache und Wirkung liegen. Den Teilnehmern wird so am besten deutlich, in welchen verschiedenen Bereichen eine Verhaltensänderung notwendig ist, sollen zukünftige Regelverstöße ausgeschlossen werden.

Die Zahlen sprechen auch für sich. Die Teilnahme am Fahreignungsseminar steigt von Jahr zu Jahr. Teilnehmer berichteten mir, dass sie das Seminar positiv erlebten. Wir müssen Verkehrsteilnehmer ermutigen, künftig die Energie in die Verantwortungsübernahme zu investieren und nicht in die Verhinderung von Strafe auszuweichen.

Der Aufsatz von Wagner/Friebe/Kulmbach/Gletscher mit dem Titel "Effektivität des Fahreignungsseminars und Optimierungsansätze" aus der Zeitschrift für Verkehrssicherheit 64 (2018) Nr. 1, S. 33 ff. weist darauf hin, dass die Beurteilung des Seminars durch die Teilnehmer mit einer Durchschnittsnote von 1,86 positiv ausfällt und sich zudem zeigte, dass die Seminarteilnehmer im Vergleich zu verkehrsauffälligen Personen ohne Intervention eine signifikant stärker ausgeprägte Regelkonformität berichten. Keiner der untersuchten Teilnehmer hatte einen Punktestand von mehr als fünf Punkten. Das unterstreiche die von außen kommende Motivation der Seminarteilnahme, denn bei sechs oder sieben Punkten entfalle der Bonus, so dass der Anreiz zur Teilnahme entsprechend gering ist.

Auf der anderen Seite gehören gerade Fahrzeugführer mit einer hohen Punktebelastung zu einer Gruppe mit erhöhtem Sicherheitsrisiko.

I.S.d. Verkehrssicherheit sollten auch künftig Personen vermehrt angesprochen werden, die erheblich punktebelastet sind. Sie haben bei sechs und sieben Punkten derzeit nur die Möglichkeit der freiwilligen Teilnahme ohne einen Punkterabatt. Hier sollte die Attraktivität gesteigert werden.

Diskussionswürdig erscheint bei einem Punktestand von bis zu fünf Punkten die Erhöhung des Punkterabatts auf zwei Punkte. Bei einem Punktestand von sechs und sieben Punkten sollte künftig ein Punkt Rabatt gewährt werden und es ist zu überlegen, das Seminar in diesem Bereich von sechs und sieben Punkten als Pflichtseminar auszugestalten.

Die verpflichtende Teilnahme an einem Verhandlungsseminar ist noch eine Chance für die mehrfach auffälligen Kraftfahrer. Wir könnten an dieser Stelle das Fahreignungsbewertungssystem optimieren mit Aussicht auf eine geringere Fallzahl in der Stufe drei (acht Punkte und mehr).

Wenn wir in die Zukunft schauen, haben wir dann noch diejenigen Autofahrer, denen die Fahrerlaubnis tatsächlich gem. § 4 StVG für mindes...

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