RVG § 60 Abs. 1; ZPO §§ 103 ff.

Leitsatz

1. Hat der Prozessbevollmächtigte des Berufungsbekl. den Mandanten bereits in der Vorinstanz vertreten, berechnet sich seine Vergütung für die Berufungsinstanz nach dem ab dem 1.8.2013 geltenden Gebührenrecht, wenn ihm der Auftrag für die Berufungsinstanz nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt worden ist.

2. Macht der Berufungsbekl. in einem solchen Fall seinen Kostenerstattungsanspruch für die Berufungsinstanz auf der Grundlage des bisherigen Gebührenrechts geltend, so kann er die Differenz zu den nach dem neuen Gebührenrecht angefallenen – höheren – Kosten im Wege der Nachfestsetzung titulieren lassen.

(Leitsätze der Schriftleitung)

OLG Köln, Beschl. v. 6.6.2016 – 17 W 79/16

Sachverhalt

Das LG Köln hatte die Klage der Kl. durch Urt. v. 10.7.2013 auf deren Kosten abgewiesen. Am 18.7.2013 erließ der Rechtspfleger des LG wegen der Kosten der ersten Instanz antragsgemäß einen Kostenfestsetzungsbeschl. zugunsten der Bekl. Am 22.7.2013 ging beim OLG Köln die Berufungsschrift der Kl. ein, die dem Prozessbevollmächtigten der Bekl. erster Instanz ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 3.8.2013 zugestellt wurde. Bereits mit Schriftsatz v. 24.7.2013 hatte der Prozessbevollmächtigte der Kl. dem Beklagtenvertreter mitteteilt, es sei Berufung eingelegt worden. Deshalb werde um Mitteilung gebeten, ob Einverständnis damit bestehe, die Durchsetzung des erstinstanzlichen Kostenerstattungsanspruchs bis zum Abschluss der Rechtsmittelinstanz zurückzustellen.

Der Prozessbevollmächtigte der Bekl. erwiderte hierauf mit Schreiben v. 26.7.2013:

"Ich gehe davon aus, dass meine Mandantin damit einverstanden ist, wenn der Ausgleich der festgesetzten Kosten bis zum rechtskräftigen Abschluss der Sache zurückgestellt wird. Sollte das wider Erwarten nicht der Fall sein, würde ich Sie entsprechend unterrichten."

Das OLG Köln hat die Berufung der Kl. durch Urt. v. 20.12.2013 auf Kosten der Kl. zurückgewiesen. Auf Antrag der Bekl. setzte der Rechtspfleger des LG Köln durch Beschl. v. 22.1.2014 die von der Kl. an die Bekl. zu erstattenden Kosten des Berufungsverfahrens antragsgemäß auf 1.676,43 EUR fest. Dem Kostenfestsetzungsantrag der Bekl. lag das bis zum 31.7.2013 geltende Gebührenrecht zugrunde. Dieser Kostenfestsetzungsbeschl. ist rechtskräftig geworden.

Am 23.11.2015 beantragte die Bekl. die Nachfestsetzung i.H.v. 259,90 EUR. Dies hat sie damit begründet, sie habe irrtümlich die Festsetzung der Kosten für die Berufungsinstanz auf der Grundlage der bis zum 31.7.2013 gültigen Gebührentabelle beantragt. Tatsächlich habe sie ihren Prozessbevollmächtigten jedoch erst nach dem vorgenannten Datum für das Berufungsverfahren beauftragt, so dass sich dessen Vergütung nach der ab dem 1.8.2013 gültigen Gebührentabelle berechne. Die Kl. ist diesem Nachfestsetzungsantrag entgegengetreten.

Der Rechtspfleger des LG Köln hat die Nachfestsetzung zunächst antragsgemäß mit Beschl. v. 27.11.2015 durchgeführt. Auf die sofortige Beschwerde der Kl. hat er mit Beschl. v. 4.1.2016 seinen Nachfestsetzungsbeschl. wieder aufgehoben. Auf das nunmehr von der Bekl. eingelegte Rechtsmittel hat er den letztgenannten Beschl. wieder aufgehoben und durch Beschl. v. 11.2.2016 den Nachfestsetzungsbeschl. v. 27.11.2015 wieder hergestellt. Der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Kl. hat der Rechtspfleger nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Köln zur Entscheidung vorgelegt.

Das OLG Köln hat die sofortige Beschwerde der Kl. zurückgewiesen.

2 Aus den Gründen

" … II. Die gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg."

Die vom Rechtspfleger durchgeführte Nachfestsetzung ist rechtsfehlerfrei erfolgt.

1. a) Es besteht in Rspr. und Literatur Einigkeit darüber, dass versehentlich in einem ersten Kostenfestsetzungsverfahren nicht geltend gemachte Posten der Nachliquidation zugänglich sind (BVerfG NJW 1995, 1886; BGH NJW 2009, 3104; FamRZ 2011, 1222; BGH RVGreport 2011, 28 (Hansens) = zfs 2011, 101 m. Anm. Hansens = AGS 2010, 580 mit zust. Anm. N. Schneider; OLG München MDR 2003, 55; OLG Düsseldorf AGS 2006, 201; OLG Stuttgart RVGreport 2009, 312 (Hansens); OLG Celle AGS 2010, 582 mit zust. Anm. N. Schneider; LG Trier JurBüro 2012, 250; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 104 Rn 21 “Nachliquidation‘ m.w.N.). Dem steht nicht entgegen, dass auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse der materiellen Rechtskraft fähig sein können. Diese bezieht sich nur auf die im Antrag geforderten und im Beschl. beschiedenen Beträge. Sie steht einer Nachfestsetzung bisher nicht geltend gemachter Positionen deshalb nicht entgegen.

b) Anders ist es aber dann, wenn über denselben Streitgegenstand vormals bereits entschieden worden ist. Dies ist etwa dann der Fall (s. BGH BRAGOreport 2003, 57 (Hansens) = AGS 2003,176), wenn aufgrund eines früheren Antrags über die Höhe der Verzinsung des zu erstattenden Betrags rechtskräftig befunden wurde, später aufgrund einer Änderung ein h...

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