"Der zulässigen Beschwerde bleibt der Erfolg versagt. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen sind keine dringenden Gründe für die Annahme vorhanden, dass dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis zum Führen von Kfz durch Urt. entzogen werden wird, § 69 Abs. 1 StGB. Nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist ein Kraftfahrer i.d.R. als ungeeignet zum Führen von Kfz anzusehen, wenn er sich eines Vergehens des unerlaubten Entfernens vom Unfallort schuldig macht, obwohl er weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist."

Der Regelfall des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist vorliegend nicht erfüllt, da es an einem bedeutenden Schaden an fremden Sachen i.S.d. Norm fehlt. Der hier entstandene Sachschaden i.H.v. 1.387,54 EUR überschreitet die maßgebliche Grenze von 1.500 EUR nicht.

Zwar lag die Grenze für einen bedeutenden Sachschaden nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ab dem Jahr 2002 nach ständiger Rspr. der 8. großen Strafkammer des LG Braunschweig bei einem Sachschaden von 1.300 EUR (LG Braunschweig, Beschl. v. 22.11.2004 – 8 Qs 392/04, juris). Auch verweist die StA Braunschweig in ihrer Beschwerdebegründung zu Recht darauf, dass sämtliche führenden – auch aktuellen – strafrechtlichen Kommentierungen an dem bekannten Wert von 1.300 EUR festhalten (u.a. Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 69 Rn 29). Jedoch stützen sich sämtliche Kommentierungen zur Begründung dieses Wertes allein auf die dazu ergangene Rspr., die, wie das AG Braunschweig in dem angegriffenen Beschl. zu Recht ausgeführt hat, überwiegend älteren Datums ist. Auch die soweit ersichtlich zuletzt den Wert von 1.300 EUR bestätigenden Entscheidungen sind bereits nahezu 6 Jahre (OLG Hamm NZV 2011, 356) und 3 Jahre alt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.7.2013 – 3 Ws 225/13, juris). Die Grenze von 1.300 EUR ist bereits seit dem Jahr 2002 anerkannt und wird bis heute überwiegend als gegeben hingenommen.

Jedoch kann bei der Interpretation ausfüllungsbedürftiger Tatbestandsmerkmale wie dem bedeutenden Schaden i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB die allgemeine Geldentwicklung nicht außer Betracht bleiben (Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 69 Rn 39), so dass bei einem seit dem Jahre 2002 unveränderten Wert nunmehr nach 14 Jahren eine Anpassung vorzunehmen ist. Einziger – wenn auch freilich für den zu entscheidenden Fall mit Einschränkungen und Vorbehalten – belastbarer, da auf Tatsachen gründender Anhaltspunkt für die durchschnittliche Preisentwicklung ist der Verbraucherpreisindex.

Nach dem aktuell geltenden Verbraucherpreisindex für Deutschland mit dem Basisjahr 2010 (2010 = 100) erreichte der Verbraucherpreisindex im Jahr 2002 einen Jahresdurchschnittsstand von 88,6. Im Jahre 2015 betrug dieser 106,9. Die Veränderungsrate in Prozent zwischen diesen beiden Jahren berechnet sich folgendermaßen: 106,9 / 88,6 x 100 – 100 = 20,65 %. Der Wert von 1.300 EUR aus dem Jahr 2002 wäre daher unter Zugrundelegung einer Preissteigerungsrate von 20,65 % im Vergleichszeitraum auf exakt 1.568,45 EUR gestiegen. Es erscheint daher angemessen, den Wert für einen bedeutenden Schaden i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ab dem Jahr 2016 auf mindestens 1.500 EUR festzusetzen.“

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