1. Vorgeschichte der Entscheidung ist das Urteil des BGH v. 5.6.2009 – V ZR 144/08 (zfs 2009, 558), in dem der BGH die Verpflichtung zum Tragen der Abschleppkosten dessen bejaht hatte, der sein Fahrzeug unbefugt auf einem Parkplatz abgestellt hatte und welches der Grundstücksbesitzer abschleppen ließ. Schon in dieser Entscheidung musste der BGH auf die bereicherungsrechtliche Frage der Abwicklung des Abschleppvorgangs bis hin zur Aushändigung des Fahrzeugs nach Zahlung der "Abschleppkosten" durch den Eigentümer des abgeschleppten Pkw eingehen. Der Eigentümer des Privatparkplatzes hatte mit einem Abschleppunternehmen einen Vertrag über das Abschleppen abgeschlossen und das Unternehmen mit dem Einzug der Abschleppkosten beauftragt. Der Eigentümer des Pkw erhielt sein Fahrzeug nur deshalb zurück, weil er die Abschleppkosten an das Abschleppunternehmen gezahlt hatte. Seine Bereicherungsklage auf Rückgewähr der gezahlten Abschleppkosten wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass Rechtsgrund für die Zahlung der Abschleppkosten eine von ihm begangene verbotene Eigenmacht gewesen sei.

2. Führte der Besitzer das Abschleppen in "Eigenregie" durch, musste er je nach dem Umfang der damit verbundenen Aufwendungen einen Beschäftigten abstellen, der ad hoc bei jedem Störungsfall ein Abschleppunternehmen beauftragte. Die betriebswirtschaftlich ungünstigen Folgen dieses Organisationsschemas liegen auf der Hand. Neben den Personalkosten für den abgestellten Beschäftigten, die er nicht ersetzt verlangen kann, weil sie unabhängig vom "Störfall" schon zuvor getroffen worden sind (vgl. MüKo/Oetker, BGB, 5. Aufl. 2007, § 249 Rn 78), muss der Besitzer des Parkplatzes die Vergütungsforderung des Abschleppunternehmers sofort ausgleichen und prozessträchtig und risikoreich die Beitreibung der Forderung auf Schadensersatz gegen den Störer in eigener Regie betreiben.

Diese rechtlichen und betrieblichen Nachteile haben dazu geführt, dass der Grundstücksbesitzer mit dem Abschleppunternehmen einen Rahmenvertrag abschließt, in dem der Abschleppunternehmer neben der Feststellung des Störvorgangs das Abschleppen und die Beitreibung der Abschleppkosten übernimmt (vgl. Lorenz, DAR 2012, 647). Das hat für den Besitzer des Grundstücks die erfreulichen Folgen der Ersparnis von Personalkosten und des Wegfalls des Beitreibungsrisikos bezüglich der Kosten des Abschleppvorgangs. Der Störer erhält den Wagen nur gegen Ausgleich der Abschleppkosten zurück. Hinsichtlich der Kosten dieses Abschlepp- und Umsetzungsvorgangs in einem anderweitigen öffentlichen Verkehrsraum bestehen bei dem gewählten Outsourcing wohl keine ernsthaften Bedenken (vgl. Diehl, zfs 2012, 316). Das Druckmittel des Abschleppunternehmers, nur nach Ausgleichung der Abschleppkosten den jetzigen Standort des abgeschleppten und umgesetzten Kfz bekannt zu geben, erscheint überaus effektiv.

3. Der "lukrative Markt für Abschleppleistungen" (Koch, NJW 2014, 3696) hat eine Fülle von Rechtsstreitigkeiten zur Angemessenheit der Kostentragung bei der Auslösung des abgeschleppten Kfz verursacht, die durch die Entscheidung des BGH v. 4.7.2014 (NJW 2014, 3727) beendet worden sind. Der Falschparker sei nur zur Zahlung der Abschleppkosten in der Höhe verpflichtet, die andere ortsansässige Unternehmen verlangten, wobei nur diejenigen Kosten ersetzt verlangt werden könnten, die mit dem Falschparken in adäquatem Zusammenhang stehen und von dem Schutzbereich der Norm erfasst werden (Rn 15 ebd.), vgl. im Einzelnen Koch, NJW 2014, 3696 f. Dabei richtet sich der Anspruch auf Rückzahlung gleichwohl zur Auslösung gezahlter Abschleppkosten bei zu beanstandender Höhe gegen den gestörten Grundstückseigentümer (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.2012 – V ZR 268/11).

4. Die Entscheidung des LG München I zeigt einen untauglichen Versuch, den Streit über die Höhe der bei der Auslösung zu zahlenden Abschleppkosten in das einstweilige Verfügungsverfahren zu verlagern. Für die begehrte Leistungsverfügung bestand kein Verfügungsgrund, da eine schnelle Regelung weder zur Abwendung einer Existenzgefährdung oder Notlage des ASt. noch zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Vermögensschadens erforderlich war (zu diesen Voraussetzungen vgl. OLG Bamberg OLGZ 1971, 436 ff.; OLG Düsseldorf MDR 1960, 58; Baur, BB 1964, 607, 610; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 940 ZPO Rn 6). Ein sofortiges Regelungsbedürfnis entfiel auch deshalb, weil der ASt. durch eine Sicherheitsleistung die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes gem. § 273 Abs. 3 BGB ausräumen konnte (BGH NJW 2012, 528).

Über die Höhe der Abschleppkosten mag in einem gesonderten Verfahren zwischen dem Grundstückseigentümer und Veranlasser des Abschleppens und dem "Opfer" der Abschleppmaßnahme gestritten werden.

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 10/2016, S. 568 - 570

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