Die Intensität und Anzahl der Streitigkeiten um Mietwagenkosten stehen im Gegensatz zu dem Praktikabilitätserfordernis, welches das KH-Massengeschäft mit sich bringt. Umso wichtiger ist, dass die Gerichte eine rechtssichere Orientierung bei der Schadenschätzung geben. Zustimmung verdient insoweit das OLG Düsseldorf, welches erkannt hat, dass das Mittelwertmodell mit einem Mehraufwand verbunden ist, der dem Sinn und Zweck des § 287 ZPO widerspricht, weil dieser auch Raum für verfahrensökonomische Erwägungen lässt.[70] Diese Erwägungen sind auch deshalb zu begrüßen, weil die neuere Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von Sachverständigenkosten zwischenzeitlich ebenfalls der Einzelfallgerechtigkeit größeres Gewicht beimisst als der Rechtssicherheit.[71] Der BGH hat nämlich auch insoweit die Indizwirkung der Rechnung eingeschränkt und damit eine Preiskontrolle durch die Gerichte eröffnet, die eine unerfreuliche Prozesswelle ausgelöst hat.[72] Soweit der BGH bzgl. der Nebenkosten des Sachverständigen eine pauschale Schadenschätzung auf 100 EUR beanstandet hat, wurde m.E. der durch das OLG Düsseldorf aufgezeigte Zweck des § 287 ZPO nicht ausreichend beachtet. Diese Entwicklung im Schadensrecht ist zweifelhaft, weil die Mietwagenrechtsprechung des BGH deutlich gezeigt hat, dass im Hinblick auf die Rechtssicherheit Vorsicht geboten ist bei jeder Modifikation zugunsten einer Einzelfallgerechtigkeit.

Der BGH sollte aus den genannten Gründen die stets weitreichenden Folgen einer Einschränkung der subjektbezogenen Schadensbetrachtung, sowie den durch das OLG Düsseldorf aufgezeigten Zweck des § 287 ZPO beachten. Jede Ausuferung von Streitigkeiten zur Schadenshöhe ist im Interesse der Rechtssicherheit und der Praktikabilität zu vermeiden, da das vermeintlich gewonnene Maß an Einzelfallgerechtigkeit "teuer" erkauft wird. Exzessive Streitigkeiten aufgrund bestehender Rechtsunsicherheit sind weder im Interesse der Geschädigten noch der Ersatzpflichtigen und der Justiz.

Autor: RA Dr. Philip Schwartz , FA für Verkehrsrecht, Mönchengladbach

zfs 10/2016, S. 549 - 554

[70] OLG Düsseldorf v. 24.3.2015 – I-1 U 42/14, MDR 2015, 454; OLG Düsseldorf v. 21.4.2015 – I-1 U 114/14, juris; zu der Fehleranfälligkeit des Mittelwertmodells vgl. KG v. 8.5.2014 – 22 U 119/13, juris; OLG Düsseldorf v. 24.3.2015, a.a.O., Rn 52; vgl. auch Scholten, DAR 2014, 72 ff.
[72] Vgl. Aschmann, SP 2016, 95.

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