SGB VII § 8 Abs. 1 S. 1

Leitsatz

Eine Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung begründende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung setzt voraus, dass die Unternehmensleitung sie als eigene betriebliche gemeinschaftsfördernde Veranstaltung durchführt oder durchführen lässt. Für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist grds. die Teilnahme der Unternehmensleitung oder einer von ihr beauftragten Person an der Veranstaltung erforderlich.

(Leitsätze der Schriftleitung)

BSG, Urt. v. 26.6.2014 – B 2 U 7/13 R

Sachverhalt

Die Kl. verfolgt die Feststellung eines während einer Weihnachtsfeier erlittenen Sturzes als Arbeitsunfall. Die in einem Jobcenter beschäfigte Kl. und andere Beschäftigte des Teams der Kl. veranstalteten außerhalb der Arbeitszeit im Dezember zwischen 15–19 Uhr in einem Bowlingcenter eine Weihnachtsfeier, deren Kosten sie selbst trugen. Während der Weihnachtsfeier übersah die Kl. auf dem Weg von der Bowlingbahn zum Tisch eine Stufe, stolperte und verletzte sich. Nachdem die gesetzliche Unfallversicherung die Feststellung des Sturzes als Arbeitsanfall mit Bescheid und Widerspruchsbescheid abgelehnt hatte, hob das SG Berlin die Bescheide der Bekl. auf und stellte fest, dass es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Auf die Berufung der Bekl. wunde das Urteil des SG Berlin aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die zugelassene Revision der Kl. hatte keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen:

"Die zulässige Revision der Kl. ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht auf die Berufung der Bekl. das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Bekl. v. 25.3.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 19.8.2009 ist rechtmäßig. Die Kl. hat während ihrer Teilnahme an der Weihnachtsfeier am 16.12.2008 keinen Arbeitsunfall erlitten, weil die Feier keine unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung war."

Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb Versicherte ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod der Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG v. 15.5.2012 – B 2 U 16/11 R – BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rn 10 m.w.N.; v. 24.7.2012 – B 2 U 9/11 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 44 Rn 26 f.; zuletzt v. 4.7.2013 – B 2 U 3/13 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 50 Rn 10 und – B 2 U 12/12 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 49 Rn 14). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil die Kl. zum Zeitpunkt des hier allein als Arbeitsunfall in Betracht kommenden Sturzes am 16.12.2008 im Bowlingcenter schon keinen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllte. Die Kl. war zwar Beschäftigte i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, verrichtete während ihrer Teilnahme an der Weihnachtsfeier jedoch keine versicherte Tätigkeit.

Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigte wird verrichtet, wenn die Verletzte zur Erfüllung eines von ihr begründeten Rechtsverhältnisses als Beschäftigte, insb. eines Arbeitsverhältnisses, einer eigenen Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck nachgeht, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil gereichen. Dabei kommt es objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, die Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (zuletzt v. 14.11.2013 – B 2 U 15/12 R – SozR 4-2700 § 2 Nr. 27 Rn 13). Eine den Versicherungsschutz als Beschäftigte begründende Tätigkeit ist nach st. Rspr. auch die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, z.B. einer betrieblichen Weihnachtsfeier, auch wenn hierfür eine spezielle normative...

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