“… Auf der Grundlage einer summarischen Prüfung steht der Kl. gegen den Bekl. ein Anspruch gem. § 116 Abs. 1 VVG in Höhe der Klageforderung zu.

1. Die Kfz-Haftpflichtversicherung beinhaltet die Mitversicherung weiterer Personen, insb. des Fahrers des versicherten Fahrzeugs. Es handelt sich insoweit um einen Vertrag zugunsten Dritter in Form der Versicherung für fremde Rechnung i.S.v. § 43 VVG. Der Mitversicherte erwirbt hierdurch einen eigenen Deckungsanspruch gegen den Haftpflichtversicherer, den er selbstständig durchsetzen kann. Da er hierdurch in den Versicherungsvertrag einbezogen ist, treffen ihn auch die verhaltensbezogenen Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag, soweit sein eigenes Verhalten und seine eigenen Wahrnehmungen vor oder nach Eintritt des Versicherungsfalls betroffen sind (vgl. BGH VersR 1988, 1062; BGH VersR 1968, 185; KG Berlin VersR 2011, 254).

Zwar sieht § 118 Abs. 1 VVG eine etwaige Leistungsfreiheit des VR nur gegenüber dem VN vor. Die Vorschrift findet jedoch entsprechend auch auf das Verhältnis zwischen dem VR und dem mitversicherten Fahrer Anwendung. Dies folgt aus dem allgemeinen Grundsatz, dass bei einer Versicherung für fremde Rechnung die geltenden Bestimmungen auch auf den Versicherten zu erstrecken sind (vgl. BGH VersR 1988, 1062). Ist der VR nur gegenüber dem Halter, nicht aber gegenüber dem Fahrer zur Gewährung von Versicherungsschutz verpflichtet, ist allerdings zunächst zu ermitteln, wie der Schaden im Verhältnis zwischen Halter und Fahrer gem. § 254 BGB zu verteilen ist. Der VR hat nur die Quote zu übernehmen, die auf den Halter entfällt; hinsichtlich der Quote des Fahrers kann er gegen diesen Rückgriff nehmen (vgl. BGH a.a.O.).

2. Im vorliegenden Fall ist auf der Grundlage des Parteivortrags und der beigezogenen Strafakte davon auszugehen, dass es durch den Bekl. zu einer doppelten Obliegenheitsverletzung kam.

a) Zunächst führte der Bekl. das versicherte Fahrzeug, obwohl er unstreitig nicht über die hierfür erforderliche Fahrerlaubnis verfügte. Damit verletzte er seine Obliegenheit gem. Ziffer D.1.3 der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB). Soweit der Bekl. die Nutzung des Fahrzeugs durch eine ihm nicht näher bekannte Person polnischer Staatsangehörigkeit behauptet, wird ihm dieser Einwand im Rechtsstreit voraussichtlich nicht zum Erfolg verhelfen. In diesem Zusammenhang soll nicht verkannt werden, dass das Bestehen hinreichender Erfolgsaussichten i.d.R. dann besteht, wenn über eine entscheidungserhebliche Frage noch Beweis zu erheben ist (vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 114 Rn 26). Allerdings gilt bei der Bewertung der hinreichenden Erfolgsaussicht das Verbot der Beweisantizipation nur begrenzt. Eine Beweisantizipation ist zulässig, wenn die Gesamtwürdigung aller schon feststehenden Umstände und Indizien eine positive Beweiswürdigung zugunsten des Hilfsbedürftigen als außerordentlich gering, wenn nicht sogar ausgeschlossen erscheinen lässt und eine vernünftig und wirtschaftlich denkende Partei, die den Prozess selbst finanzieren müsste, wegen des absehbaren Misserfolgs der Beweisaufnahme von einer Prozessführung absehen würde (vgl. BVerfG NJW-RR 2005, 140 … ).

So liegt der Fall hier. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des LG Bezug genommen. Ergänzend soll deshalb nur noch darauf hingewiesen werden, dass der Bekl. in seinem Schriftsatz v. 21.11.2011 noch eine Nutzung des Fahrzeugs durch einen libanesischen Staatsangehörigen behauptet hat. Dieser wechselnde Vortrag dürfte die Erfolgsaussichten des Bekl. jedenfalls nicht erhöhen.

Weil dem Bekl. das Fehlen einer Fahrerlaubnis bekannt war, verletzte er seine Obliegenheit auch vorsätzlich.

b) Darüber hinaus beging der Bekl. nach dem Unfall eine Fahrerflucht gem. § 142 StGB, was eine weitere vorsätzliche Obliegenheitsverletzung gem. Ziffer E.1.3 AKB darstellt. Diese Obliegenheitsverletzung ergibt sich zwanglos, wenn man entsprechend den vorstehenden Ausführungen von der Fahrereigenschaft des Bekl. ausgeht.

3. Die Verletzung der vorvertraglichen Obliegenheit führt gem. Ziffer D.3.3 zu einer Leistungsfreiheit der Kl. i.H.v. 5.000 EUR. Dasselbe gilt gem. Ziffer E.6.1 hinsichtlich der nachvertraglichen Obliegenheitsverletzung. Die Regressbeträge sind zu addieren, da die eine Obliegenheitsverletzung vor Eintritt des Versicherungsfalls und die andere im Anschluss daran begangen wurde. In einem solchen Fall werden durch die Obliegenheiten unterschiedliche Sachverhalte erfasst, mit denen der VR unterschiedliche Interessen wahren will. Die Obliegenheit vor dem Versicherungsfall soll den Eintritt des Versicherungsfalls verhindern, indem sie besonders gefahrenträchtige Verhaltensweisen sanktioniert und das versicherte Risiko dadurch begrenzt. Durch die Aufklärungsobliegenheit, die hier bereits durch das unerlaubte Entfernen vom Unfallort verwirklicht wurde, ohne dass es einer Nachfrage der Kl. bedurfte, soll der Schaden und damit die Einstandspflicht des VR möglichst gering gehalten werden. Diese ...

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