Die Grundsätze des kollusiven Zusammenwirkens und evidenten Vollmachtsmissbrauchs können nur dann relevant werden, wenn der Versicherungsvertreter bei Antragstellung überhaupt zutreffend über die relevanten Gefahrumstände vom Antragsteller informiert wurde. Nur wenn eine Information tatsächlich erfolgt ist, kann eine "echte" Verharmlosung durch den Vermittler erfolgen, die dann den Antragsteller stutzig machen muss. Teilt dieser bspw. dem Vermittler auf die Antragsfrage zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung "nach ambulanten Behandlungen, Beratungen oder Untersuchungen durch Heilbehandler" mit, dass er zur Zeit wegen eines Hexenschusses behandelt werde, was der Vermittler jedoch wegen Geringfügigkeit als nicht anzeigepflichtig bewertet, während der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung tatsächlich wegen umfangreicher Rückenschmerzen bereits sieben Wochen krankgeschrieben war, so ist von einem arglistigen Verschweigen dieser Rückenschmerzen auszugehen; der Antragsteller kann sich nicht damit entlasten, der Vermittler habe die Rückenbeschwerden für nicht erheblich gehalten, weil dieser aufgrund der ihm erteilten verharmlosenden Information nicht in der Lage sein konnte, den Umfang der Offenbarungspflichten des Antragstellers zutreffend zu beurteilen.[31]

Ausnahmsweise kann es aber auch ausreichen, dass der Versicherungsvertreter die Fragen so sehr verharmlost oder etwaige Erklärungen des Antragstellers bereits im Voraus so steuert, dass nur Harmloses "herauskommen" wird, da sich auch hier – abhängig vom Einzelfall – dem Antragsteller aufdrängen muss, dass etwas nicht stimmt.[32] Das heißt: Der Antragsteller muss auch dann korrekt bzw. vollständig antworten, wenn er erkennt, dass das Handeln des Versicherungsvertreters nicht richtig sein kann. Er ist von der Pflicht zur Anzeige gefahrerheblicher Vorerkrankungen nicht befreit, wenn bspw. der Versicherungsvertreter erkennbar unrichtig die Gesundheitsverhältnisse für belanglos erklärt.[33]

Da es sich bei den Fragen des Vollmachtsmissbrauchs und der Kollusion um reine, aus dem Grundsatz von Treu und Glauben folgende Rechtsfragen handelt, hat das Gericht diese von Amts wegen zu prüfen.

[31] KG, Beschl. v. 20.6.2006 – 6 U 46/06, r+s 2007, 162 = VersR 2006, 1628.
[32] LG Dortmund, Urt. v. 15.9.2005 – 2 O 510/04, juris.
[33] LG Dortmund, Urt. v. 15.9.2005 – 2 O 510/04, juris.

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