[4] “Die Revision ist begründet.

[5] I. Das LG hat in seinem Berufungsurteil ausgeführt: Die Klage fordere keine unentgeltliche Leistung des Schuldners zurück. Denn das Strafverfahren gegen den Schuldner sei in Abhängigkeit von der Auflagenerfüllung endgültig eingestellt worden. Die Leistung des Schuldners beruhe nicht auf Freigiebigkeit, sondern auf dem Druck der drohenden Fortsetzung des Strafverfahrens. Auch ein mittelbarer geldwerter Vorteil der Masse könne sich durch die Einstellung ergeben, falls sonst eine höhere Geldstrafe verhängt worden wäre. Eine Deckungsanfechtung komme nicht in Betracht, weil der Beklagte nicht Insolvenzgläubiger des Schuldners geworden sei. Ebenso scheide eine Anfechtung gem. § 132 InsO aus, weil kein Rechtsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift vorliege. Es fehle an einem zivilrechtlichen Vertrag.

[6] II. Demgegenüber rügt die Revision fehlerhafte Rechtsanwendung, die auch darin bestehe, dass sich das Berufungsgericht mit der Vorsatzanfechtung nicht befasst habe. Der Schuldner sei nach seinem lediglich mit Nichtwissen bestrittenen Vortrag in den Tatsacheninstanzen bei Entrichtung der Geldauflage infolge von Verbindlichkeiten in Millionenhöhe – namentlich gegenüber der Stadtsparkasse B und geschädigten Kapitalanlegern – zahlungsunfähig gewesen. Bereits im Jahre 2000 habe er deswegen die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Aus dem Ermittlungsverfahren gegen den Schuldner und der Hauptverhandlung sei der Staatsanwaltschaft des beklagten Freistaates dies bekannt gewesen. Die Ratenzahlung der Geldauflage habe dem Schuldner gerade deswegen bewilligt werden müssen, weil er zur Einmalzahlung nicht im Stande gewesen sei.

[7] III. Die vorgenannte Rüge der Revision greift durch.

[8] 1. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Anfechtungsgründe der §§ 130, 132 und 134 InsO verneint.

[9] a) Es kann dahinstehen, ob die Verfahrenseinstellung gem. § 153a Abs. 2 StPO als Rechtsgeschäft des Schuldners nach § 132 Abs. 1 InsO aufgefasst werden kann, weil sie von seiner Zustimmung abhängt. Jedenfalls sind hierdurch die Insolvenzgläubiger des angeklagten Schuldners noch nicht unmittelbar benachteiligt worden, weil dessen Vermögen erst durch die ihm auferlegten Zahlungen an die Staatskasse beeinträchtigt wurde. Vorher stand es dem Schuldner trotz seiner Zustimmung zu der vorläufigen Verfahrenseinstellung frei, ob er die auferlegten Zahlungen erbrachte. Eine neue Verbindlichkeit zu Lasten seines Vermögens war dadurch nicht begründet worden (vgl. BGHSt 28, 174, 177). Mit Recht hat das Berufungsgericht daher auch eine Anfechtung wegen kongruenter Deckung gem. § 130 InsO ohne weitere Begründung verneint.

[10] Die auferlegten Zahlungen selbst waren kein einseitiges Rechtsgeschäft des Schuldners, sondern nur eine geschäftsähnliche Handlung. Diese stellten auch keine nach § 132 Abs. 2 InsO anfechtbaren Rechtshandlungen dar, weil sie keine der dort bezeichneten Folgen hatten.

[11] b) Den Begriff der unentgeltlichen Leistung verwendet § 134 InsO gleich bedeutend mit § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO. In st. Rspr. hat der BGH danach eine Leistung als unentgeltlich i.S.d. §§ 32 KO, 134 InsO angesehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung des Empfängers gegenübersteht, die dem aufgegebenen Vermögenswert entspricht (BGHZ 113, 98, 101; 141, 96, 99 f.; 162, 276, 279; BGH, Urt. v. 30.3.2006, WM 2006, 1156, 1157; v. 20.7.2006, WM 2006, 1731 f.; v. 9.11.2006, WM 2007, 708, 709 Rn 15; v. 19.4.2007, ZIP 2007, 1118, 1120 Rn 16; v. 16.11.2007, WM 2008, 173, 174 Rn 8, z.V.b. in BGHZ; v. 13.3.2008, ZIP 2008, 975, 976 Rn 7). Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGHZ 113, 98, 102 f.; 113, 393, 395 f.; 162, 276, 280 f.; BGH, Urt. v. 30.3.2006, a.a.O.; v. 9.11.2006, a.a.O.). Die bisherige Formel ist jedoch nur auf Austauschverträge zugeschnitten. Wie im Falle des gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs (dazu BGH, Urt. v. 9.11.2006, a.a.O.) verlangt auch die Prüfung einer Verfahrenseinstellung im Strafverfahren gegen Erfüllung einer Auflage gem. § 153a Abs. 2 StPO eine sinngemäße Fortbildung dieses Grundsatzes.

[12] Im Schrifttum wird die rechtsähnliche Bewährungsauflage gem. § 56b Abs. 2 Nr. 4 StGB teils als unentgeltliche Leistung beurteilt (Brömmekamp, ZIP 2001, 951, 953), teils wird § 134 InsO als nicht anwendbar betrachtet (Ahrens, NZI 2001, 456, 459).

[13] Die zuletzt genannte Auffassung ist im Ergebnis zutreffend. Der Angeschuldigte erreicht durch die Erfüllung der Auflage gem. § 153a Abs. 2 S. 2 und Abs. 1 S. 5 StPO, dass seine angeklagte Straftat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden kann. Der Staat verzichtet damit auf die Durchsetzung seines Strafanspruchs. Hierbei handelt es sich zwar nicht um einen rechtsgeschäftlich vereinbarten Leistungsaustausch, sondern um eine Rechtsfolge des gerichtlichen Einstellungsbeschlusses. Leistung und Gegenleistung müssen aber, um die Anwendung von § 134 InsO auszuschalten, nicht durch ein vertraglich...

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