A. Die Feststellungsklage ist zulässig.

Nach der Rspr des BGH (Urt. v. 13.4.2022 – IV ZR 60/20 – juris) kann eine auf Feststellung der Eintrittspflicht des VRs gerichteten Klage eines VNs grundsätzlich nicht die Möglichkeit einer Leistungsklage entgegengehalten werden, wenn in den Versicherungsbedingungen – wie hier – die Durchführung eines Sachverständigenverfahrens zur Klärung der Schadenshöhe vorgesehen ist. Mit Rücksicht auf das vorgesehene Sachverständigenverfahren, braucht sich der VN nicht auf eine Leistungsklage verweisen zu lassen. Eine Verpflichtung, sich schon im Rechtsstreit zu erklären, ob er das Sachverständigenverfahren beantragen wird, besteht nicht (…).

Es gilt auch nichts Anderes, wenn nicht lauszuschließen ist, dass sich bei der späteren Klärung der Schadenshöhe bislang nicht erörterte Umstände ergeben, die Rückschlüsse auf ein etwaiges arglistiges Verhalten des VNs und dessen Motivation zulassen könnten. Insoweit können nicht generell die bei einer solchen Sachlage geltenden Grundsätze zur Unzulässigkeit des Grundurteils gemäß § 304 ZPO auf die Frage der Zulässigkeit einer Feststellungsklage übertragen werden. Bei Erlass des Grundurteils besteht die Gefahr, dass es innerhalb desselben Prozesses zu widersprechenden Entscheidungen kommt. Diese Gefahr besteht aber nicht, wenn sich an ein antragsgemäß erlassenes Feststellungsurteil ein außergerichtliches Sachverständigenverfahren anschließt (…).

Das Feststellungsinteresse ist auch im Übrigen im Hinblick auf den Verzugsschaden gegeben, § 256 ZPO. Die Kl. mag zwar den Mietausfallschaden beziffern können. Die von ihr angeführten weiteren Schäden an dem Objekt, die durch den Zeitablauf und die unterlassene Instandsetzung, entstanden sein sollen, kann sie jedoch nicht beziffern.

B. 1. Der Kl. steht gegen die Bekl. ein Anspruch auf bedingungsgemäße Regulierung des Gebäudeschadens vom 30.10./31.10.2015 aus dem Versicherungsvertrag vom 21.3.2012 zu.

a) Der Versicherungsfall ist unstreitig eingetreten. Das versicherte Gebäude B … straße … in D … ist durch einen Brandschaden geschädigt worden.

b) Die Bekl. ist nicht gemäß § 81 Abs. 1 VVG leistungsfrei. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Kl. den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat, liegen nicht vor. Die Bekl. hat den Vollbeweis dafür zu erbringen; Beweiserleichterungen kommen ihr nicht zugute (vgl. Senat, Urt. v. 18.4.2017 – 4 U 1564/16 – juris, Rn 35). Der VR kann den nach § 286 ZPO zu erbringenden Beweis auch über nachgewiesene bzw. unbestrittene Indizien führen, wenn diese in der Gesamtschau nach der Lebenserfahrung die sichere Überzeugung von der beweisbedürftigen Tatsache vermitteln. Für den so geführten Indizienbeweis genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Weder die einzelnen von der Bekl. vorgetragenen Indizien noch die Gesamtschau rechtfertigen indes den Schluss auf eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles.

Der Umstand, dass der Geschäftsführer der Komplementär GmbH bzw. die mit ihm verbundenen Unternehmen in der Zeit von April 1996 bis Januar 2012 von 11 Brandschäden betroffen waren, reicht als Indiz für eine Eigenbrandstiftung nicht aus. Die Kl. hat im Schriftsatz vom 30.1.2020 ausführlich zu den von der Bekl. aufgeführten Fällen Stellung genommen und angegeben, dass es sich nur in sieben Fällen um einen Brandschaden gehandelt habe, wobei die Ursache in einem Fall ein Kabelschaden an einer Waschmaschine, einmal ein Kurzschluss, in einem weiteren Fall das Wegwerfen einer Zigarette und in einem anderen Fall ein Feuerwerkskörper Ursache gewesen sei. Nur in drei Fällen habe es sich um eine vorsätzliche Brandstiftung gehandelt. Die Bekl. hat sich mit diesen substantiierten Einwendungen nicht auseinandergesetzt und dazu keine Stellung genommen. Im Hinblick auf den Umstand, dass nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Kl. in einem Zeitraum vom 20 Jahren ca. 300 Versicherungsverträge bestanden haben, kann eine auffällige Häufung an Vorschäden bei drei vorsätzlichen Brandstiftungen im April 1996, am 14.3.2004 und am 21.1.2012 auch unter Berücksichtigung der streitgegenständlichen vorsätzlichen Brandstiftung nicht festgestellt werden.

Auch aus den sonstigen von der Bekl. vorgetragenen Indizien lässt sich nicht auf eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles schließen. Eine Motivation ist nicht erkennbar. Die Bekl. hat nicht behauptet, dass sich die Kl. in einer finanziell angespannten Situation befunden habe. Dafür liegen auch keine Anhaltspunkte vor, denn die Kl. hat gegenüber der Bekl. im Rahmen der Schadensregulierung angegeben, dass das Objekt lastenfrei sei und das Geschäftskonto im Haben geführt werde. Der beabsichtigte Umbau in ein Asylbewerberheim und die damit verbundenen Kosten in Höhe von ca. 600.000,00 EUR bis 700.000,00 EUR (nach dem Vorbringen der Bekl.) stellen schon deshalb keinen Grund für eine vorsätzliche Brandstiftung dar, weil mit den Versic...

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