ZPO § 91 § 142 Abs. 1; JVEG § 5 § 6 § 7 § 23 Abs. 2

Leitsatz

Der nach § 142 Abs. 1 ZPO vom Gericht verpflichtete Dritte ist nach § 23 JVEG wie ein Zeuge zu entschädigen. Damit kann er lediglich Erstattung der in §§ 19 ff. JVEG genannten Aufwendungen verlangen. Einen Anspruch auf Festsetzung der durch einen als Rechtsbeistand beigezogenen Rechtsanwalt gegen die unterliegende Partei hat er dagegen nicht.

OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 1.2.2021 – 6 W 82/18

Sachverhalt

Das LG Darmstadt hatte den Beteiligten, der nicht Partei des Rechtsstreits war, gem. § 142 Abs. 1 Satz 1 ZPO aufgefordert, bestimmte Unterlagen und elektronische Medien vorzulegen. Der Beteiligte hat hieraufhin einen Rechtsanwalt hinzugezogen. Nach Beendigung des Rechtsstreits, der zu Lasten der Klägerin ausging, hat der Beteiligte beim LG Darmstadt beantragt festzustellen, dass die Klägerin seine gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zu tragen habe. Diesen Antrag hat das LG Darmstadt abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte beim OLG Frankfurt keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen:

… "Die Beschwerde des Beteiligten gegen den angefochtenen Beschluss, mit dem es das Landgericht abgelehnt hat, festzustellen, dass die Klägerin die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zu tragen hat, ist nach § 4 Abs. 3 JVEG zulässig. Sie war gemäß § 4 Abs. 7 JVEG durch den Einzelrichter zu entscheiden."

Die Beschwerde kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben. Das LG hat die beantragte Kostenfeststellung im Ergebnis zu Recht versagt.

So hat das LG zutreffend ausgeführt, dass der Beteiligte nicht Prozessbeteiligter geworden ist und deshalb die Normen, die eine Kostenerstattungspflicht zwischen den Prozessbeteiligten regeln, von vornherein keine Anwendung finden können.

Der Beteiligte war vom LG aufgefordert worden, gemäß § 142 Abs. 1 ZPO bestimmte Unterlagen und elektronische Medien vorzulegen. Er ist damit Dritter im Sinne der Vorschrift und es kommt allein ein Erstattungsanspruch nach § 23 Abs. 2 JVEG in Betracht, da der Beteiligte wie ein Zeuge zu entschädigen ist (Zöller/Greger, ZPO, 33. Auflage, § 142 Rn 18).

§ 23 Abs. 2 JVEG verweist für die ersatzfähigen Aufwendungen auf §§ 19 ff. JVEG, wonach der Dritte bzw. Zeuge Ersatz der dort genannten Kosten verlangen kann (Fahrtkosten nach § 5 JVEG, Aufwandsentschädigung nach § 6 JVEG, Ersatz für sonstige Aufwendungen nach § 7 JVEG etc.).

Der Zeuge – und damit auch der Dritte – hat indes grundsätzlich keinen Anspruch auf Erstattung der Gebühren, die ihm durch die Beauftragung eines Rechtsbeistandes entstanden sind (Zöller/Greger, ZPO, § 378 Rn 12; Stein-Jonas/Berger, ZPO, 23. Auflage, vor § 373 Rn 38).

Es mag dahinstehen, ob dem Beteiligten Entschädigungsansprüche nach §§ 19 ff. JVEG entstanden sind, denn er macht ausweislich seines Antrags aus dem Schriftsatz vom 20.3.2018 (Bl. 1990 ff. d.A.) ausschließlich die nach der RVG berechneten Gebühren seines Bevollmächtigten geltend. Diese stehen ihm indes nicht zu.

Auch die in diesem Zusammenhang genannten Entscheidung des BVerfG vom 8.10.1974 – 2 BvR 747/73 (= BVerfGE 38, 105) führt zu keinem anderen Ergebnis. Dort spricht das BVerfG lediglich aus, dass ein Zeuge berechtigt ist, einen Rechtsanwalt seiner Wahl als Rechtsbeistand hinzuzuziehen. Hieraus ergibt sich indes nicht, dass sich daraus auch ein Kostenerstattungsanspruch gegen die im Prozess letztlich unterliegende Partei ergibt. Entstehende Kosten trägt vielmehr der Zeuge selbst, weil er den Rechtsbeistand ausschließlich im eigenen Interesse heranzieht (BVerfGE a.a.O., juris Rn 24).

Eine Kostenentscheidung ist nach § 4 Abs. 8 JVEG entbehrlich.“

3 Anmerkung:

Richtiges Verfahren

Der Einzelrichter des OLG Frankfurt hat die Beschwerde des Dritten gegen die Ablehnung des LG Darmstadt, eine Kostenentscheidung gegen die Klägerin zu erlassen, als Beschwerde nach § 4 Abs. 3 JVEG angesehen. Diese verfahrensrechtliche Einordnung entspricht jedoch nicht dem erkennbar von dem Dritten verfolgten Ziel. Die Beschwerde nach § 4 Abs. 3 JVEG richtet sich gegen die Festsetzung der Entschädigung des Zeugen oder – hier – des Dritten gegen die Staatskasse oder gegen die Versagung der Festsetzung einer solchen Entschädigung. Vorliegend hatte der Dritte jedoch von vornherein keine Entschädigungsansprüche gegen die Staatskasse nach § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 ff. JVEG geltend gemacht, sondern den Erlass einer Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin beantragt, aufgrund der er seine Anwaltskosten gegen diese hätte festsetzen können. Der Sache nach handelt es sich somit nicht um einen Entschädigungsanspruch des Dritten gegen die Staatskasse, sondern um den Erlass einer Kostenentscheidung, der sich nach dem einschlägigen Verfahrensrecht, hier also nach der ZPO, bestimmt. Der Einzelrichter des OLG Frankfurt hat somit "das Thema verfehlt", indem er sich mit Entschädigungsansprüchen des Dritten gegen die Staatskasse befasst hat, die gar nicht Gegenstand des Antrags des Dritten waren.

Hätte das OLG Frankfurt – wie es verfahrensrechtlich dem Antrag und dem erkennbaren Ziel des Dritten entsproc...

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