"… [14] 1. Allerdings ist der Rechtsschutzfall – wie das BG zutreffend angenommen hat – erst in versicherter Zeit durch die Weigerung des Lebensversicherers eingetreten, das Widerspruchsrecht des Kl. anzuerkennen und ihm die verlangten Prämien nebst gezogener Nutzungen zu erstatten (vgl. Senat r+s 2013, 283, Rn 12 ff.). Der Deckungsanspruch des Kl. scheitert entgegen der Auffassung der Revision auch nicht daran, dass bereits die in vorvertraglicher Zeit im Jahr 2004 erteilte Widerspruchsbelehrung des Lebensversicherers den ihm angelasteten Verstoß "ausgelöst" habe und deshalb nach § 4 Abs. 4 lit. a) ARB kein Versicherungsschutz bestehe. Denn die Bekl. kann sich auf die so genannte Vorerstreckungsklausel in § 4 Abs. 4 lit. a) ARB nicht berufen, weil diese Klausel intransparent und mithin nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam ist, wie der Senat mit seinem nach Erlass der Berufungsentscheidung ergangenen Urt. v. 4.7.2018 (r+s 2018, 425), dem eine wortgleiche Klausel zugrunde lag, entschieden und im Einzelnen begründet hat."

[15] 2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das angefochtene Urteil sei in dem letztgenannten Punkt nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO) (…).

[16] 3. Entgegen der Ansicht des BG ist ein Anspruch des Kl. auf Deckungsschutz aber nach § 3 Abs. 2 lit. g) ARB ausgeschlossen. Dies ergibt die Auslegung der Klausel.

[17] a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind (vgl. Senat r+s 2018, 373).

[18] Dieser Grundsatz erfährt nur dann eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die AVB darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (Senat r+s 2017, 421).

[19] b) Wie das BG richtig gesehen hat, ist der Begriff "Kapitalanlagegeschäft" kein fest umrissener Begriff der Rechtssprache in diesem Sinn. Er verweist zwar auf rechtliche Kategorien; die Rechtssprache verbindet mit ihm aber keinen fest umrissenen, begrifflich festgelegten Inhalt (…).

[20] Eine abschließende, gewissermaßen allgemeingültige Bestimmung dessen, was ein "Kapitalanlagegeschäft" ausmacht, gibt es nicht. Schon der ihm innewohnende Begriff der "Kapitalanlage" ist in seinen rechtlichen Konturen nicht eindeutig festgelegt. Zwar verwenden ihn verschiedene gesetzliche Vorschriften allein oder als Bestandteil eines anderen Begriffs ("Kapitalanlagegesellschaft", "Kapitalanlagebetrug"), wie etwa § 341d HGB, § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 EStG, § 21 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 KStG, das Kapitalanlagegesetzbuch in seinem Titel, § 54b Abs. 1 Nr. 1 VAG in der bis zum 21.7.2013 geltenden Fassung und § 264a StGB in der amtlichen Überschrift. Er wird aber je nach dem besonderen Regelungsgegenstand des Gesetzes unterschiedlich verstanden. Weder existiert eine einheitliche gesetzliche Definition des Begriffs noch hat sich ein für alle Rechtsgebiete gleichermaßen geltendes Begriffsverständnis herausgebildet. Der Begriff ist damit im Bereich der Rechtssprache nicht genügend fest umrissen (a.A. OLG Düsseldorf r+s 2015, 18, 20 [juris Rn 35]).

[21] c) Demgemäß kommt es für die Auslegung der hier in Rede stehenden Ausschlussklausel auf die Verständnismöglichkeiten und auch auf die Interessen des durchschnittlichen VN an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Versicherteninteresse bei Risikoausschlussklauseln in der Regel dahin geht, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck einer Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche VN braucht nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln nach ständiger Rspr. des Senats eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (…). Auch nach diesem engen Maßstab greift die Klausel im Streitfall jedoch ein.

[22] aa) Ein verständiger VN, der den Wortlaut der Klausel zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen nimmt, wird dem Begriff "Kapitalanlagegeschäft" zunächst schon aufgrund des allgemeinen Sprachgebrauchs entnehmen, dass es dabei um Verträge geht, die eine Kapitalanlage zum Gegenstand haben (ebenso OLG Düsseldorf r+s 2015...

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