Nach der bisherigen Fassung des § 81a Abs. 2 StPO[24] stand die Anordnung der Blutentnahme auch bei Verkehrsstraftaten grundsätzlich dem Richter zu. Eine Zuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden ergab sich nur dann, wenn sonst die Gefahr bestand, dass durch eine Verzögerung der Blutentnahme der Untersuchungserfolg gefährdet gewesen wäre.

Aber auch nach dieser (früheren) Rechtslage war ein Beweisverwertungsverbot nur ausnahmsweise angenommen worden: wenn die Voraussetzungen von Gefahr in Verzug willkürlich angenommen, der Richtervorbehalt bewusst und gezielt umgangen bzw. ignoriert oder wenn die den Richtervorbehalt begründende Rechtslage in ähnlicher Weise grob verkannt bzw. fehlerhaft beurteilt wurde.[25]

Durch das "Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, des Jugendgerichtsgesetzes, der Strafprozessordnung und weiterer Gesetze"[26] wurde nun der in § 81a Abs. 1 S. 1 StPO enthaltene Richtervorbehalt durch Anfügen eines Satzes 2 im Abs. 2 für alkohol- oder drogenbedingte Verkehrsstraftaten nach §§ 315a, 315c oder 316 StGB aufgehoben. Die Anordnung der Entnahme einer Blutprobe steht nun originär der Staatsanwaltschaft oder ihren Ermittlungspersonen zu. Im Ordnungswidrigkeitenrecht gilt Entsprechendes für die Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten der §§ 24a, 24c StVG, wobei gem. § 46 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) an Stelle der Staatsanwaltschaft die Verfolgungsbehörde tritt.[27]

Die Aufhebung des Richtervorbehalts durch den Gesetzgeber war möglich, da es sich nur um einen einfachgesetzlichen Richtervorbehalt handelte. Aus verfassungsrechtlichen Gründen war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die in § 82a StPO genannten Untersuchungen unter Richtervorbehalt zu stellen. Es handelt sich bei der Vorschrift nach dem BVerfG um einen einfachgesetzlichen Vorbehalt, der nicht zum Bereich des rechtsstaatlich Unverzichtbaren gehört; die Entnahme von Blutproben stellt keinen so schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG dar, dass von Verfassungs wegen ein Richtervorbehalt zu verlangen wäre.[28]

[24] Zur Zeit der Abfassung des Aufsatzes waren die parlamentarischen Beratungen abgeschlossen und das Gesetz kurz vor der Veröffentlichung.
[25] BGH, Urt. v. 18.4.2007 – 5 StR 546/06, NJW 2007, 2269; OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.6.2016 – 2 Ss (OWi) 152/16, NStZ 2016, 747; OLG Hamm, Beschl. v. 28.4.2009 – 2 Ss 117/09, juris; OLG Hamburg, Beschl. v. 4.8.2008 – 2-81/07 (REV) – 1 Ss 226/07, VRS 114, 275: "Ist … eine Blutprobenentnahme durch eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft statt durch den zuständigen Richter angeordnet worden, so liegt die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes für den Nachweis der Blutalkoholkonzentration im wegen Trunkenheit im Verkehr geführten Strafverfahren regelmäßig fern."
[26] BT-Drucks 18/12785 v. 20.6.2017, S. 2 f.
[27] BT-Drucks 18/11272 v. 22.02.2107, S. 25.
[28] BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 24.2.2011 – 2 BvR 1596/10, 2 BvR 2346/10, DAR 2011, 196.

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