A. Einleitung

Der Wert der Sache, spezifisch des Kraftfahrzeugs, begegnet den Rechtsanwendern gleich in mehreren Normen als Problem des materiellen und des prozessualen Strafrechts. Manche Fallgestaltungen sind diesbezüglich offensichtlich mit einer Verknüpfung zwischen dem Wert des Kraftfahrzeugs und dem Tatbestand der Norm versehen, andere Normen haben hinsichtlich des Werts des Kraftfahrzeugs eher eine nachrangige Bedeutung. Der nachfolgende Beitrag möchte etliche der relevanten Normen und – sofern vorhanden – die zugehörigen Streitfragen aufzeigen.

B. Diebstahl und Unterschlagung

1. Grundtatbestand

Ein Kraftfahrzeug kann Objekt eines Diebstahlsdelikts, § 242 StGB, oder einer Unterschlagung, § 246 StGB, sein. In beiden Normen ist Tatobjekt eine "fremde bewegliche Sache" für den Grundtatbestand. Eine Sache im Sinne dieser Normen ist ein körperlicher Gegenstand.[2] Zwar ist der strafrechtliche Sachbegriff eigenständig zu bestimmen und damit unabhängig vom Zivilrecht,[3] aber für das Kraftfahrzeug bestehen hier keine Divergenzen. Forderungen und Rechte stellen mangels Verkörperung allerdings keine Sachen dar,[4] sodass ein mit dem Besitz am Fahrzeug einhergehender Ersatzanspruch gegen einen Schädiger nicht durch einen Dieb weggenommen werden könnte. Gleiches gilt für gespeicherte Fahrzeugdaten, sollte es dem Dieb auf diese angekommen sein.[5] Als Datenträger käme das Kraftfahrzeug wiederum als taugliches Diebstahlsobjekt in Betracht.[6] Der Wert des Kraftfahrzeugs spielt für den Grundtatbestand jedoch erst einmal keine Rolle.[7]

Im Gegensatz zum Sachbegriff ist der der Fremdheit streng akzessorisch zum Zivilrecht.[8] Die Sache bleibt für den Täter jedoch auch dann fremd, wenn zivilrechtlich eine Aktivlegitimation noch fehlen würde, dem Geschädigten nach dem Abstraktionsprinzip jedoch ein Eigentumsverschaffungsanspruch zustünde.[9]

[2] BeckOK StGB/Wittig, StGB § 242 Rn 4.
[3] RGSt 32, 165, 179.
[4] Matt/Renzikowski/Schmidt, StGB § 242 Rn 4.
[5] Kudlich in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts Band 5, § 29 Rn 16.
[6] Vgl. Fischer, StGB § 242 Rn 3.
[7] Vgl. schon RG, Urt. v. 27.6.1917 – V 430/17, RGSt 51, 97-101; BGH MDR 1960, 689.
[8] BGH NJW 1954, 1292; BGH NStZ-RR 2000, 234.
[9] BeckOK StGB/Wittig, StGB § 242 Rn 7.

2. Besonders schwerer Fall

a) Geringwertige Sache

Der Wert der Sache und damit auch der des Kraftfahrzeugs kann dann von Bedeutung werden, wenn es um den besonders schweren Fall des Diebstahls geht, § 243 StGB. Dort kann es sich nach § 243 Abs. 2 StGB zunächst einmal um eine geringwertige Sache handeln, was die Annahme eines besonders schweren Falls ausschließen würde. Die Geringwertigkeitsklausel gelangt dabei nur zur Anwendung, wenn es sich bei dem Diebstahlsobjekt um eine objektiv und subjektiv geringwertige Sache handelt.[10] Dass der bei einem Diebstahl entwendete Gegenstand tatsächlich geringwertig i.S.v. § 243 Abs. 2 StGB war, schließt deshalb die Anwendung von § 243 Abs. 1 StGB noch nicht aus. Dieser kann vielmehr auch dann Anwendung finden, wenn sich der Vorsatz des Täters auf nicht geringwertige Sachen bezog.[11] Der Grenzwert für die Geringwertigkeit liegt nach der Rechtsprechung des BGH bei 25 EUR.[12] Andere Gerichte befürworten die Grenzziehung bei 50 EUR.[13] Entscheidend ist dabei ihr Verkehrswert zum Zeitpunkt der Tat.[14] Als Tatobjekt, das die Geringwertigkeitsschwelle tangieren könnte, kommt demnach ein Kraftfahrzeug in Betracht, das nach sachverständiger Ansicht als Restwert[15] nur noch Schrottwert hat. Angesichts der Dominanz von internetbasierten Aufkäufern von Gebrauchtwagen und eines fehlenden Regionalbezugs dürfte nur in seltenen Fällen der Diebstahl eines unfallbedingt schrottreifen Fahrzeugs unter die Geringwertigkeitsklausel fallen.

[11] Fischer, StGB § 243 Rn 26.
[13] OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2017, 12; OLG Zweibrücken NStZ 2000, 536.
[14] BGH, Beschl. v. 29.10.1980 – 4 StR 534/80, NStZ 1981, 62 (63).
[15] Hierzu BeckOK StVR/Türpe, BGB § 249 Rn 14-16b.

b) Unbenannter schwerer Fall

Interessanter könnte hingegen eher die Fallgestaltung sein, dass ein so genannter unbenannter schwerer Fall zur Anwendung von § 243 StGB führt. Dass eine nicht von den Regelbeispielen erfasste Konstellation auch zur Annahme eines besonders schweren Falles führen kann, ist durch die Formulierung der Norm vorgesehen und auch generell anerkannt:[16] Die als Regelbeispiel konzipierte Vorschrift ist nicht abschließend, so dass ein besonders schwerer Fall auch dann in Betracht kommt, wenn Umstände vorliegen, die zwar keines der genannten Regelbeispiele erfüllen, einem solchen jedoch vergleichbar sind.[17] Für die Annahme eines solchen Falles kommt es darauf an, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des erhöhten Strafrahmens geboten ist.[18]

Dass der Diebstahl von Sachen von beso...

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