Der Beschluss des LG Duisburg ist die erste bekannt gewordene Entscheidung, die sich mit der durch das 2. KostRMoG zum 1.8.2013 neugefassten Grundgebühr befasst. Unter der Geltung des bisherigen Rechts war in vielen Fallgestaltungen umstritten, ob die anwaltliche Tätigkeit nur die Grundgebühr oder daneben auch die Verfahrensgebühr ausgelöst hat. Das 2. KostRMoG hat in Abs. 1 der Anm. zu Nr. 4100 VV RVG ebenso wie übrigens in Abs. 1 der Anm. zu Nr. 5100 VV RVG die Worte "neben der Verfahrensgebühr" eingefügt. Diese Einfügung und die vom LG zitierten Gesetzesmaterialien stellen klar, dass die Grundgebühr als Zusatzgebühr regelmäßig neben der Verfahrensgebühr anfällt.

I. Anwendbarkeit der Neuregelung

Diese Neufassung ist allerdings nur dann anwendbar, wenn für den betreffenden Verteidiger auch das ab 1.8.2013 geltende Gebührenrecht anwendbar ist, was sich nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt (s. OLG Saarbrücken RVGreport 2014, 310 (Hansens) für den PKH-Anwalt). Das LG Duisburg geht ohne weiteres davon aus, ohne jedoch den maßgeblichen Zeitpunkt der Bestellung zum Pflichtverteidiger mitzuteilen.

II. Grundgebühr neben Verfahrensgebühr

Unter der Geltung des 2. KostRMoG fallen die Grundgebühr und die (jeweilige) Verfahrensgebühr stets nebeneinander an (vgl. dazu Burhoff, RVGreport 2013, 330 ff.; ders., RVGreport 2014, 42). Mit der ersten Tätigkeit des Anwalts – nach Vorbem. 4 Abs. 2 VV RVG ist dies "das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information" – entsteht die jeweilige Verfahrensgebühr, im vorbereitenden Verfahren also die Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV RVG, ggf. mit Haftzuschlag nach Nr. 4105 VV RVG. Nach Abs. 1 der Anm. zu Nr. 4100 VV RVG entsteht gleichzeitig die Grundgebühr "neben der Verfahrensgebühr".

Auf die vom LG erörterte Frage, welche Tätigkeiten der Pflichtverteidiger erbracht hat, kommt es somit für den Anfall der Verfahrensgebühr und der Grundgebühr praktisch nicht an. Dies hat nur noch Bedeutung für die Bemessung der Gebührenhöhe. Die mit der erstmaligen Einarbeitung in den Rechtsfall zusammenhängenden Tätigkeiten werden mit der Grundgebühr abgegolten und sind deshalb auch bei der Bestimmung der Höhe der Grundgebühr zu berücksichtigen. Die darüber hinausgehende Tätigkeiten des Verteidigers fallen in den Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr und haben Einfluss auf die Höhe dieser Gebühr (vgl. Burhoff, a.a.O.; Burhoff, RVG in Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl. 2014, Nr. 4100 VV RVG Rn 56 ff.). Im Fall des LG Duisburg kam es hierauf jedoch nicht an, weil dem Pflichtverteidiger – unabhängig vom Umfang seiner erbrachten Tätigkeiten – aus der Staatskasse ohnehin (nur) Festbetragsgebühren zustehen.

III. Anfall weiterer Verfahrensgebühren

Die Ausführungen des LG Duisburg zum Anfall weiterer Verfahrensgebühren bei Fortgang des Verfahrens haben mit dem Verhältnis von Grundgebühr und Verfahrensgebühr nichts zu tun. Ist mit den ersten Tätigkeiten des Verteidigers die Verfahrensgebühr und daneben die Grundgebühr entstanden, fallen diese Gebühren oder fällt auch nur eine dieser Gebühren nicht dadurch wieder weg, dass dem Verteidiger im weiteren Verlauf des Strafverfahrens noch eine zweite Verfahrensgebühr, hier etwa nach Nr. 4106 VV RVG für die Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren, anfällt. Das ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 15 Abs. 4 RVG. Mit der Neuregelung durch das 2. KostRMoG sind praktisch alle bisherigen Abgrenzungsprobleme zwischen Grundgebühr und Verfahrensgebühr erledigt. Deshalb sollten die Gerichte nicht neue Probleme aufwerfen, wo gar keine bestehen.

VorsRiLG Heinz Hansens

zfs 8/2014, S. 468 - 470

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