[1] "Die Kl. wendet sich gegen das ihr gegenüber verhängte Verbot, Fahrzeuge aller Art auf öffentlichem Verkehrsgrund zu führen."

[2] Die Kl. wurde durch rechtskräftiges Urt. v. 3.12.2008 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie trotz einer BAK von 1,9 ‰ im Straßenverkehr Fahrrad gefahren war. Der Aufforderung der Bekl, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über ihre Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge beizubringen, kam sie nicht nach. Infolge dessen untersagte ihr die Bekl. Fahrzeuge aller Art auf öffentlichem Verkehrsgrund zu führen. Ihre nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das VG [Bayer. VG München v. 29.2.2012 – VG M 6b K 11.1915] abgewiesen; ihre Berufung hat der VGH [BayVGH, Urt. v. 1.10.2012 – VGH 11 BV 12.771] zurückgewiesen.

[3] Die Beschwerde der Kl. gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil ist nicht begründet. Die Rechtssache weist nicht die geltend gemachte grds. Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.

[4] 1. Die Kl. hält für grds. klärungsbedürftig, ob die Formulierung in § 3 Abs. 2 der FeV "finden die Vorschriften der §§ 11–14 entsprechend Anwendung" so zu verstehen sei, dass die zuständige Fahrerlaubnisbehörde von einer Person, die beim Fahren mit einem Fahrrad im Straßenverkehr erstmals mit einer BAK von 1,6 ‰ oder mehr angetroffen worden sei, gem. § 3 Abs. 2, § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. c FeV die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Überprüfung der Fahreignung verlangen könne, obwohl diese Person nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kfz sei und eine solche auch nicht erwerben wolle.

[5] Da der Kl. aufgegeben worden ist, ihre Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge medizinisch-psychologisch klären zu lassen, könnte sich die von ihr aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren von vornherein auch nur mit dieser Zielrichtung stellen. Die Beantwortung dieser auf ihren entscheidungserheblichen Kern reduzierten Frage kann jedoch nicht zum Erfolg der Beschwerde führen; denn es liegt auf der Hand und bedarf zur Klärung nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, dass auch bei einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad mit einer BAK von 1,6 ‰ und mehr die Vorlage eines solchen Gutachtens verlangt werden darf.

[6] Nach § 3 Abs. 2 FeV finden die Vorschriften der §§ 1114 FeV entsprechende Anwendung, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Führer eines Fahrzeugs oder Tieres zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist. Mit der Anordnung der entsprechenden Anwendung dieser Vorschriften sollen nicht die Voraussetzungen, unter denen nach § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. c FeV ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, relativiert werden. Dass die §§ 1114 FeV nicht unmittelbar, sondern nur entsprechend anwendbar sein sollen, erklärt sich ebenso wie bei der Verweisung in § 46 Abs. 3 FeV zwanglos daraus, dass unter Abschnitt II.2. der FeV und damit auch in den §§ 1114 FeV die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis geregelt werden, während § 3 Abs. 2 FeV die Führer von Fahrzeugen aller Art – also auch erlaubnisfreier Fahrzeuge – betrifft und § 46 FeV den Inhaber einer Fahrerlaubnis, also jemanden, dem die Fahrerlaubnis bereits erteilt worden ist. Mit der Verweisung auf die §§ 1114 FeV sollte der Regelungsgehalt dieser Vorschriften auch auf diese Fälle erstreckt werden, allerdings naturgemäß nur insoweit, als sie ihrem Wortlaut nach anwendbar sind, übertragen auf die hier betroffene Führerin eines Fahrrads also nur insoweit, als die in Bezug genommenen Regelungen ihrem Inhalt nach nicht das Führen eines Kfz voraussetzen.

[7] Der hier maßgebliche § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. c FeV schreibt vor, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer BAK von 1,6‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde. Die Vorschrift differenziert also nicht nach Fahrzeugarten, so dass sie – wie der Senat bereits entschieden hat – nicht das Führen eines Kfz voraussetzt (Urt. v. 21.5.2008 – BVerwG 3 C 32.07, [zfs 2008, 535 =] BVerwGE 131, 163 Rn 10). Demgemäß gilt die Bestimmung aufgrund der Verweisung in § 3 Abs. 2 FeV auch für Fahrradfahrer, ohne dass sie eine Fahrerlaubnis beantragt haben oder Inhaber einer solchen Erlaubnis sein müssen. Dies gebietet auch Sinn und Zweck der Norm. Die bisher dazu ergangenen Entscheidungen der Obergerichte weisen – mit einer, jedoch inzwischen korrigierten Ausnahme – übereinstimmend und zu Recht darauf hin, dass die Teilnahme am Straßenverkehr in erheblich alkoholisiertem Zustand mit jedem Fahrzeug eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt und der Gesetzgeber diese Einschätzung teilt, indem er die Trunkenheitsfahrt mit jedem Fahrzeug in § 316 StGB unter Strafe stellt (so neben dem BG: VGH Kassel, Urt. v. 6.10.2010 – 2 B 1076/10, juris Rn 10; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl....

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