" … Die Entziehung der Fahrerlaubnis war aller Voraussicht nach rechtmäßig, insb. ist die Anordnung der Gutachtensbeibringung rechtlich nicht zu beanstanden. Sie kann – wie der AG angenommen hat – auf § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 FeV – gestützt werden und es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der AG sein hiernach bestehendes Ermessen für die Anordnung der Beibringung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung fehlerhaft ausgeübt hat."

Nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 FeV kann die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) angeordnet werden zur Klärung von Eignungszweifel bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insb. wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen. Die Straftaten, die Anlass zur Eignungsbegutachtung geben können, müssen nicht rechtskräftig abgeurteilt sein, vielmehr genügt es, wenn sich ihr Vorliegen aus Feststellungen etwa der Polizei oder aus anderen Erkenntnissen in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hinreichend zuverlässig ergibt (OVG Koblenz, Urt. v. 11.4.2000 – 7 A 11670/99, [zfs 2000, 320 =] juris; Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 11 FeV Rn 12; Tepe, NZV 2010, 64, 67). Insb. können hiernach auch Vorfälle berücksichtigt werden, in denen die strafrechtlichen Verfahren im Stadium vor einer rechtskräftigen Verurteilung eingestellt worden sind oder gem. §§ 154, 154a StPO von der Erhebung einer öffentlichen Klage abgesehen bzw. die Strafverfolgung auf andere Gesetzesverletzungen beschränkt worden ist (siehe Tepe, a.a.O.; Wendlinger, NZV 2006, 505, 509).

Die weiter erforderlichen Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial müssen hinreichend konkret sein und den entsprechenden Eignungsmangel des Fahrerlaubnisinhabers als naheliegend erscheinen lassen (vgl. BVerfG, 20.6.2002 – 1 BvR 2062/96, [zfs 2002, 454 =] NJW 2002, 2378, 2380; Tepe, a.a.O.). Das Aggressionspotenzial muss aber nicht bereits als vorhanden festgestellt worden sein (VGH Mannheim, Urt. v. 14.9.2004 – 10 S 1283/04, juris Rn 31). Denn für die Feststellung des Vorliegens des Eignungsmangels soll gerade die medizinisch-psychologische Begutachtung nach § 11 Abs. 3 Nr. 7 FeV erst angefordert werden.

Gemessen hieran liegen beim ASt. Straftaten in Zusammenhang mit der Kraftfahreignung vor, die Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial erkennen lassen. Dies hat das VG zutreffend und näher ausgeführt (Beschlussabdruck … ). Die Rügen der Beschwerde betreffen nicht den hier festgestellten Sachverhalt, sondern die rechtliche Einordnung.

Der hierzu erhobene Einwand, die dem ASt. gemachten strafrechtlichen Vorwürfe hätten keinerlei Bezug zu verkehrsrechtlichen Vorschriften und seien ohne verkehrsrechtlichen Bezug, geht fehl. Denn nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 FeV müssen die Straftaten – ausdrücklich im Unterschied zu den Gründen für eine Eignungsüberprüfung nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 und 5 FeV – nicht in Zusammenhang mit Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften und nicht in Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen. Typischerweise kommen für Eignungsüberprüfungen nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 und 7 FeV, die einen Zusammenhang mit der Kraftfahreignung, insb. bei Anhaltspunkten für ein hohes Aggressionspotenzial verlangen, solche Straftaten in Betracht, die sich durch Aggression gegen Personen oder Sachen ausdrücken wie etwa eine schwere oder gefährliche Körperverletzung (siehe hierzu auch Ziffer 3.14 der bereits vom VG zitierten Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung), Raub, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (siehe dazu VG Freiburg, Beschl. v. 4.8.2008 – 1 K 1299/08, juris), Beleidigung, Nötigung (zu diesen beiden Tatbeständen siehe VG Stuttgart, Beschl. v. 19.12.2002 – 10 K 4766/02, juris) oder Sachbeschädigung (siehe Tepe, a.a.O., m.w.N.).

Die Staatsanwaltschaft bei dem LG D hat den ASt. unter dem 8.11.2010 angeklagt wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung und unter dem 19.11.2010 zu einem anderen Vorfall wegen Körperverletzung und Nötigung. Durch das AG B wurde der ASt. am 26.7.2011 wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung (Anklage v. 8.11.2010) sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung und versuchter Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung (Anklage v. 19.11.2010) verurteilt. Im Berufungsverfahren wurde der Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung gem. § 154 Abs. 2 StPO fallengelassen, weil die hierfür zu erwartende Strafe wegen einer anderen Tat nicht beträchtlich ins Gewicht fallen würde, und der ASt. wurde wegen der Vorwürfe aus der Anklageschrift v. 19.11.2010 wegen Körperverletzung sowie wegen versuchter Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung rechtskräftig verurteilt. Bereits im Verfahren vor dem AG war der Vorwurf der Nötigung aus der Anklageschrift v.19.11.2010 eingestellt worden gem. § 154...

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