In jüngerer Zeit sind gleich mehrere Werke zu Messungen im Verkehrsrecht erschienen oder neu aufgelegt worden. Das Werk von Buck und Krumbholz erscheint nunmehr in zweiter Auflage und wurde inhaltlich erweitert und aktualisiert. Auf mittlerweile über 700 Seiten angewachsen ist das Werk aber weiterhin handlich und übersichtlich, zudem in der Gestaltung vorbildlich modern gehalten mit Graphiken, Fotographien, Schaubildern, Tabellen und Skizzen.

Inhaltlich wird zunächst eine ausführliche Einführung zur Unfallanalytik unter Benennung der technischen und juristischen Fragestellungen angeboten, deren Beantwortung dieses Werk befördern möchte. Dabei wird modernen Analysemethoden wie der rechnergestützten Unfallrekonstruktion zu Recht ein breiter Raum verschafft (S. 49 ff.), so dass sich selbst der technische Laie anhand der guten Bebilderung eine Vorstellung von Abläufen und möglichen Schlussfolgerungen machen kann. Im Rahmen der juristischen Einleitung wird sehr schön auf die Leitungsaufgabe des Gerichts gegenüber dem Sachverständigen hingewiesen (S. 127 ff.), so dass z.B. im Zivilverfahren eine mögliche Beweisregel dem Sachverständigen vorab erklärt werden kann.

Im Folgenden werden in jeweils eigenen, großen Kapiteln die verschiedenen Gutachtenstypen präsentiert. Dazu gehören das biomechanische Gutachten, die morphologische Identifikation von Personen, die Verkehrsmesstechnik, die Messung von Alkoholisierung und anderen Suchtmitteln sowie der Nachweis des Bemerkens des Anstoßes im Rahmen einer Unfallflucht. Wie auch in der Einleitung erfolgen zunächst ausführliche technische Erläuterungen, gefolgt von einem eigenen Kapitel zur juristischen Würdigung bzw. zu juristischen Problemen der jeweiligen Gutachtenssparte. Hierbei ist positiv zu vermerken, dass gerade die juristischen Ausführungen von Krumbholz und Quarch sehr gut gelungen sind. Dies betrifft zum einen den gewählten Umfang, zum anderen die Aktualität und schließlich die systematische Aufbereitung der einzelnen Kapitel. Die einzelnen Situationen des Prozesses, sei es im Zivilrecht oder im Straf- bzw. Bußgeldrecht, werden dabei treffend erfasst und die jeweils virulenten Probleme angesprochen. Schön zu sehen ist dies etwa bei den Ausführungen zum Zusammenhang zwischen HWS-Verletzung und behauptetem Bagatellschaden (S. 284), zur Frage der Angabe des "Verbreitungsgrades" von morphologischen Merkmalen im Gutachten (S. 470) oder zur Eichung als Fehlerquelle von Messverfahren (S. 552 ff.).

Natürlich gäbe es Aspekte, die ich persönlich gerne ausführlicher ausgearbeitet sähe, etwa die nur knapp angesprochene Problematik des Beweisverwertungsverbots bei der Blutentnahme (S. 632), die Einschätzung der immer noch divergierenden Rechtsprechung zur fahrlässigen Begehung des § 24a Abs. 2 StVG bei Cannabiseinfluss (lediglich Verweis auf Kommentierung, S. 632, Fn 27) oder wie sich im Rahmen der Identitätsfeststellung des Betroffenen das Wiedererkennen durch den Tatrichter und die Angabe der (subjektiven!) Einschätzung des Sachverständigen zur Identität zueinander verhalten, gerade bei geringer Wahrscheinlichkeit im Gutachten. Auch die immer einmal wieder aufkommende Forderung nach der Angabe von mehr als zwei Werten bei der BAK-Bestimmung (angesprochen im technischen Teil, S. 585) hätte ich gerne einer juristischen Wertung unterzogen gesehen. Aber letzten Endes kann dieses Werk keinen Kommentar ersetzen und die wesentlichen Aspekte der rechtlichen Beurteilung der einzelnen Gutachten sind stets vorhanden, meist sogar mit vielen Detailanregungen zur vertiefenden Lektüre.

Innerhalb der technischen Ausführungen kann ich besonders die detaillierten Beschreibungen samt Fallgruppen zur morphologischen Begutachtung des Betroffenen zwecks Identitätsfeststellung empfehlen, die zu einem ausnehmend guten Verständnis für die Materie führen. Auch die Unterteilung in typische Anstoßfälle beim Unfall mit anschließendem Vorwurf der Unfallflucht sorgt für viele Aha-Effekte, gerade wenn es um die Klassiker wie den Spiegelanprall (S. 664 ff.) und die Wahrnehmbarkeit für den Fahrzeugführer geht. Standardwissen für den Prozess, wie etwa die Alkoholphysiologie, wird geboten pragmatisch zusammengetragen und in einen leicht verständlichen Zusammenhang zu den Auswirkungen des Alkohols und der Analyse des Alkoholgehalts gestellt (S. 574 ff.).

Insgesamt ist dieses Werk ein sehr empfehlenswerter Begleiter für den rechtlichen Alltag, der in allen verkehrsrechtlichen Bereichen gut einsetzbar ist. Die technischen Ausführungen sind gut verständlich, präzise und doch geduldig formuliert, die juristischen Ausführungen ergänzen die technischen Teile in genau der richtigen Weise. Eine gelungene Neuauflage.

Autor: Dr. Benjamin Krenberger

RiAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl

zfs 8/2013, S. 433 - 434

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