Die Annahme einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung ist nach wie vor schwierig, wird jedoch durch die obigen Ausführungen des OLG Koblenz etwas erleichtert. In jüngster Zeit führte z.B. das KG zur Annahme von Vorsatz aus (KG Berlin, Beschl. v. 8.12.2011 – 3 Ws (B) 555/11, VRS 122, 232; weitere Rspr.-Nachweise und Einzelbeispiele bei Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Aufl., 2012, Rn 1590–1594). Die Urteilsgründe müssen dem Grunde nach erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruht (KG Berlin, Beschl. v. 4.8.2005 – 3 Ws (B) 357/05, DAR 2005, 634).

Das Indiz der prozentual hohen Überschreitung genügt für sich allein nicht, um daraus den sicheren Rückschluss auf vorsätzliches Handeln zu ziehen (Krumm, NZV 2007, 501; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.3.2006 – 3 Ss OWi 316/06, DAR 2006, 464; OLG Koblenz, Beschl. v. 11.2.1999 – 2 Ss 4/99, DAR 1999, 227). Die amtsgerichtlichen Feststellungen dürfen sich dabei nicht in floskelhaften Wendungen erschöpfen, sondern müssen konkrete Tatsachen beinhalten (Geschwindigkeitstrichter, Umgebungsbesonderheiten, Lautstärke des Motors etc.). Wird umgekehrt bei hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen nur Fahrlässigkeit angenommen, muss näher begründet werden, warum kein Vorsatz angenommen werden kann (KG Berlin, Beschl. v. 15.4.2005 – 3 Ws (B) 182/05, NZV 2005, 596).

Wer die ihm bekannte erlaubte Höchstgeschwindigkeit deutlich überschreitet, handelt, so das KG, regelmäßig vorsätzlich – jedenfalls bei Überschreitung von mehr als 50 %, weil einem Fahrzeugführer die hohe Geschwindigkeitsüberschreitung aufgrund der vorbeiziehenden Umgebung sowie der Fahrgeräusche bewusst wird. Nachdem das OLG Koblenz, das diese Grenze bei einer Überschreitung von 40 km/h setzt, nun konstatiert, dass für das Erkennen auch ein Verkehrsschild genügt, braucht es in der Verhandlung nicht zwingend der Feststellung der Beschilderung weit vor, sondern nur konkret vor der Messstelle.

Aufgrund der obigen Entscheidung wird es für den Verteidiger in Zukunft noch wichtiger, die Einlassung zur Fahrereigenschaft und zum Fahrverhalten präzise zu gestalten. Erfolgt nämlich zur Fahrweise keine Einlassung, darf das Gericht nicht per se ein Nichterkennen der Geschwindigkeitsbeschränkung zugunsten des Betr. annehmen.

RiAG Dr. Benjamin Krenberger

zfs 8/2013, S. 470 - 472

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