Es bestehen zwar keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zwischen Rechtsanwälten und Rechtsschutzversicherern, gleichwohl kann durch die Anforderung und Entgegennahme von Vorschüssen ein gesetzliches Schuldverhältnis entstehen; soweit Rechtsanwälte die gesamte Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer übernehmen, sind sie an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten und haben dessen vertragliche Pflichten zu erfüllen.

I. Dreiecksverhältnis

Ähnlich wie im Haftpflichtversicherungsrecht (Haftpflichtversicherung/Deckungsverhältnis) besteht auch in der Rechtsschutzversicherung ein Dreiecksverhältnis: Versicherungsnehmer-Rechtsschutzversicherer-Rechtsanwalt). Es sind somit zwei Verträge zu berücksichtigen, an denen der Mandant/Versicherungsnehmer beteiligt ist:

  1. Anwaltsvertrag zwischen Mandant und Rechtsanwalt,
  2. Versicherungsvertrag zwischen Versicherungsnehmer (Mandant) und Rechtsschutzversicherer.

Aus dieser Konstellation wird deutlich, dass keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen Rechtsschutzversicherung und Rechtsanwalt bestehen, da der Rechtsschutzversicherer sich lediglich verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Kostenansprüchen des beauftragten Rechtsanwalts freizustellen.

1. Abtretung

Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem beauftragten Rechtsanwalt und dem Rechtsschutzversicherer könnten aber dadurch begründet werden, dass der Versicherungsnehmer seinen Befreiungsanspruch von Kosten an den beauftragten Rechtsanwalt abtritt.

§ 17 Abs. 7 ARB 2000 (ebenso § 20 Abs. 1 ARB 75) enthält freilich ein vertraglich vereinbartes Abtretungsverbot, "es sei denn, dass sich der Versicherer hiermit schriftlich einverstanden erklärt". Ein derartiges Einverständnis wird im Regelfall nicht erteilt. Dieses Verbot der Abtretung ist zulässig und wirksam.[1]

[1] BGH NJW-RR 1997, 909 = r+s 1997, 325; OLG Köln NVersZ 2000, 577.

2. Repräsentantenstellung

Wenn ein Rechtsanwalt – wie üblich – die gesamte Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer übernimmt, ist er insoweit als Repräsentant des Versicherungsnehmers anzusehen.[1] Die Streitfrage, ob der beauftragte Rechtsanwalt Repräsentant oder lediglich Wissensvertreter/Wissenserklärungsvertreter des Versicherungsnehmers ist, kann dahinstehen. Auch das Wissen des Wissensvertreters oder die Erklärung des Erklärungsvertreters wird dem Versicherungsnehmer (Mandanten) analog § 166 BGB zugerechnet.[2]

[1] van Bühren/Plote, ARB-Kommentar, Anhang 1 Rn 12 m.w.N.; OLG Nürnberg NJW-RR 1993, 602 = r+s 1993, 105; Harbauer/Bauer, § 17 ARB 2000, Rn 122 m.w.N.
[2] OLG Hamm r+s 1996, 296 = NJW-RR 1997, 91; OLG Köln r+s 2004, 19; van Bühren/Plote, ARB-Kommentar, Anhang 1 Rn 12 m.w.N.

3. Entbindung von der Schweigepflicht

Soweit die Mandanten Rechtsanwälte beauftragen, die gesonderte Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer zu führen, liegt darin – zumindest konkludent – eine Entbindung von der anwaltlichen Schweigepflicht, da ansonsten die Mitteilungen über den Versicherungsfall gar nicht möglich wären.[1] Bis zur Erlangung der Deckungszusage und der Zahlung des Kostenvorschusses wird im Regelfall unreflektiert über das gesamte Mandatsverhältnis Auskunft erteilt; dieser Informationsfluss versiegt plötzlich, wenn es um Auskünfte über Erstattungsbeträge geht. Hier wird dann plötzlich die anwaltliche Schweigepflicht "wiederentdeckt", obgleich der Mandant selbst über Zahlungseingänge oft gar nichts weiß und daran auch nicht interessiert ist. Die ursprünglich erteilte Entbindung von der anwaltlichen Schweigepflicht wird dann eigenmächtig vom beauftragten Rechtsanwalt dahingehend eingeschränkt, dass er über Zahlungseingänge Stillschweigen zu bewahren hat.

[1] LG Düsseldorf r+s 2000, 157; Bauer, NJW 2001, 1537; Feuerich/Weyland, § 44 BRAO, Rn 29.

II. Forderungsübergang

Gem. § 17 Abs. 8 ARB 2000 gehen Ansprüche des Versicherungsnehmers "auf Erstattung von Kosten, die der Versicherer getragen hat", mit ihrer Entstehung auf den Versicherer über. Diese Regelung entspricht der gesetzlichen Regelung in § 86 VVG 2008 (§ 67 VVG 1908).

1. Umfang des Forderungsübergangs

Übergangsfähig sind nicht nur die Schadenersatzansprüche (Kostenerstattungsansprüche) des Versicherungsnehmers, vielmehr gehen auch vertragliche Ansprüche aus dem Schadenereignis auf den Versicherer über.[1]

[1] Prölss /Martin, 27. Aufl., § 67 VVG Rn 4; BGH NJW-RR 1992, 283; van Bühren/Plote, Anhang Rn 15 m.w.N.

2. Cessio legis

§ 86 VVG ist eine gesetzliche Regelung des Forderungsübergangs, für den § 412 BGB bestimmt, dass die Vorschriften der §§ 399-404, 406, 410 BGB entsprechende Anwendung finden.

Aus § 402 BGB ergibt sich, dass der bisherige Inhaber der Forderung (Mandant/Versicherungsnehmer) verpflichtet ist, dem neuen Gläubiger (der Rechtsschutzversicherung) "die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen".

Soweit daher ein Kostenerstattungsanspruch auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen ist, besteht auch ein unmittelbarer Auskunftsanspruch gegenüber dem Versicherungsnehmer und dem beauftragten Rechtsanwalt, soweit dieser als Repräsentant oder Wissensvertreter/Wissenserklärungsvertreter des Versicherungsnehmers tätig ist.

3. Übergang des Auskunftsanspruchs auf den Rechtsschutzversicherer

Wenn der Rechtsschutzversicherer eine Vorschussleistu...

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