1) Die in §§ 19 ff. StVZO, ergänzt durch die EG-FGV (vgl. dazu im Einzelnen Dauer in Hentschel/König/Dauer "Straßenverkehrsrecht", 45. Aufl., § 20 StVZO Rn 1) geregelte Allgemeine Betriebserlaubnis weist drei Erscheinungsformen auf. Neben der Erlaubnis für Typenfahrzeuge (§ 20 StVZO) und der Erlaubnis für Einzelfahrzeuge (§ 21 StVZO) befasst die vorliegende Entscheidung sich mit der dritten Form der Betriebserlaubnis, der in § 22 StVZO geregelten Genehmigung für Einzelteile. Alle Formen der Betriebserlaubnis bezwecken eine Geringhaltung der Gefahren aus dem Betrieb des Kfz (vgl. BGH NJW 1973, 458; Raddatz VersR 1967, 833). Der umfangreiche Katalog zu prüfender genehmigungspflichtiger Teile spricht dafür, dass das Gefährdungspotential der dem Genehmigungsverfahren unterliegender Teile recht unterschiedlich ist. Dies spricht dafür, dass bei Fehlen der Betriebserlaubnis für Einzelteile ein Automatismus für das Fehlen der Allgemeinen Betriebserlaubnis des Fahrzeuges nicht angenommen werden kann, was der BGH unter Ablehnung der Gegenansicht überzeugend feststellt (Rn 31 und 32). Der zusätzlich im öffentlichen Recht verbreitete Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt damit, dass eine nachträgliche Veränderung eines Einzelteiles die Betriebserlaubnis erlöschen lässt, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auf der Hand liegt (Rn 30).

2) Die von dem Käufer durchgesetzte Gestaltung des Kaufvertrages hatte die gutachterliche Klärung des Gefahrpotentials der Felgen entbehrlich gemacht, statt der entfallenen Notwendigkeit eines Gutachtens aber weitere Fragen aufgeworfen. Ergab das Gutachten eine Steigerung der Gefahr des Kfz mit den aufgezogenen Felgen ohne zugeteilte Betriebserlaubnis, wies das Fahrzeug einen Mangel auf (Rn 34). Die Klärung der von dem Fahrzeug aufgrund der aufgezogenen, nicht genehmigten Reifen ausgehenden Gefahren ist aufgrund der in dem Kaufvertrag getroffenen Regelung, dass der Verkäufer die Allgemeine Betriebserlaubnis für die Felgen nachreicht, von dem BGH überzeugend als Beschaffenheitszusage beurteilt worden (Rn 35), deren Nichteinhaltung unstreitig ist und die grundsätzlich unabhängig von einer etwa damit verbundenen Gefahr für den Käufer Haftung auslöst. Der BGH grenzt den nach der Schuldrechtsreform geltenden weiten Beschaffenheitsbegriff im Zusammenhang mit der kaufrechtlichen Gewährleistung von dem alten Beschaffenheitsbegriff ab. Über die für die Präzisierung des alten Beschaffenheitsbegriffs hinaus entwickelten Fallgruppen hinaus (der Kaufsache unmittelbar anhaftenden physischen Merkmale und der Eigenschaften der Kaufsache i.S.d. Beziehungen der Sache zur Umwelt) geht der neue Beschaffenheitsbegriff davon aus, das alle Angaben des Verkäufers in Bezug auf die Kaufsache Beschaffenheitsangaben sind (so schon Koster Jura 2005, 145; Schulze/Ebers JuS 2004, 462 (467)).

3) Der BGH fasst in den folgenden Ausführungen seine Rspr. zur Nacherfüllung, deren zu verneinender Unmöglichkeit bei einem Stückkauf und der zu verneinenden Unerheblichkeit der Pflichtverletzung zusammen. Maßgeblich für die Weichenstellung ist der Hinweisbeschluss des BGH vom 8.1.2019 (zfs 2019, 321), dessen Leitsätze 3-5 die mitgeteilte Entscheidung zugrunde legt:

Zitat

"3. Ob eine gem. § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB begehrte Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache nach Maßgabe des § 275 Abs. 1 BGB unmöglich ist, hängt nicht von der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungskauf, sondern vom Inhalt und der Reichweite der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht ab (Bestätigung von BGHZ 168, 64 = NJW 2006, 2839, Rn 20; BGH NJW 2019, 80, Rn 20)."

4. Bei der durch interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags (§§ 133, 157 BGB) vorzunehmenden Bestimmung des Inhaltes und der Reichweite der vom Verkäufer übernommenen Beschaffungspflicht ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur Ersatzbeschaffung gleichartige und gleichwertige Sachen erfasst. Denn der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung gem. § 439 Abs. 1 Art. 2 BGB richtet sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und – funktionell sowie vertragsmäßig – gleichwertige Sache zu liefern ist (Bestätigung von BGHZ 160, 64 = NJW 2006, 2839, Rn 23; BGHZ 185, 135 – NJW 2013; 220, Rn 24; BGH NJW 2019, 292, Rn 41). Die Lieferung einer identischen Sache ist nicht erforderlich. Vielmehr ist insoweit darauf abzustellen, ob die Vertragsparteien nach ihrem erkennbaren Willen und dem Vertragszweck die konkrete Leistung als austauschbar angesehen haben (Bestätigung von BGH NJW 2018, 789, Rn 8).

5. Für die Beurteilung der Austauschbarkeit der Leistung ist ein mit einem Modellwechsel einhergehender, mehr oder weniger großer Änderungsumfang des neuen Fahrzeugmodells im Vergleich zum Vorgängermodell nach der Interessenlage des Verkäufers eines Neufahrzeugs in der Regel nicht von Belang. Insoweit kommt es – nicht anders als sei ein Fahrzeug der vom Käufer erworbenen Modellreihe noch liefe...

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