"… Die Kl. hat den Versicherungsfall bewiesen. Mangels anderweitiger Beweise hat ihre in jeder Hinsicht glaubhafte Anhörung in Verbindung mit dem Sachverständigengutachten genügt, den ihr obliegenden Beweis des Versicherungsfalls zu führen. Der Sachverständige der Bekl., der den Unfallort besichtigt hat, hat den Unfallhergang für plausibel erklärt. Insb. genügt der Vermerk in dem Gutachten, das Fahrzeug sei nicht fahrbereit gewesen, nicht aus, um die Glaubhaftigkeit der Kl. und damit auch ihre Redlichkeit in Frage zu stellen."

Zum einen beruht dies Angabe des Sachverständigen “nicht fahrbereit' auf einer nachträglichen Besichtigung, zum anderen lässt das in dem Gutachten mitgeteilte Schadensbild im Frontbereich und an der linken Seite auch nur erkennen, dass das Fahrzeug nicht mehr verkehrssicher gewesen ist. I.S.d. Straßenverkehrsordnung ist es damit nicht fahrbereit. Damit ist aber nicht festgestellt, dass es nicht mehr mit eigener Motorleistung von der Unfallstelle fortbewegt werden konnte. Weitere Indizien, die geeignet gewesen wäre, die Angaben der Kl. zu erschüttern, hat die Bekl. nicht mitgeteilt und ergeben sich auch nicht aus den gutachterlichen Feststellungen zu den erforderlichen Ersatzteilen oder einem Abschleppunternehmer, dessen Kosten im Leistungsprüfungsverfahren geltend gemacht worden wären.

Soweit die Bekl. Aufklärungs- und Obliegenheitsverletzungen wegen unterlassener Feststellungen am Unfallort bzw. nachträglicher Feststellungen gerügt hat, ist dieser Vorwurf offensichtlich unbegründet. Denn andere Unfallbeteiligte und Geschädigte, denen ggü. Feststellungen zu treffen gewesen wären, hat es nicht gegeben. Ein Baum ist im Übrigen weder Unfallbeteiligter noch ein Geschädigter i.S.d. § 142 StGB, sondern eine öffentliche Sache, wenn er auf einem öffentlichen Grund steht.

Soweit die zuständigen kommunalen Eigentümer des Baumes als Geschädigte in Betracht zu ziehen wären, träfe dies auch nur dann zu, wenn der Baum beschädigt, d.h. die Lebenserwartung des Baumes durch das Unfallereignis tangiert worden wäre. Das würde, weil der Baum eine Pflanze ist, voraussetzen, dass der so beschädigt worden wäre, dass seine Lebensfähigkeit i.S.d. jahreszeitlichen Wachstums von Blättern und Krone beeinträchtigt wäre (KG Berlin, VRS 72, 380). Das ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der touchierte Baum wurde fotografisch dokumentiert. Er steht offensichtlich noch. Mehr als einen möglicherweise abgebrochenen Ast und eine nicht rundherum, sondern nur an der Anstoßstelle vertikal verlaufende Anstoßspur, die teilweise die Rinde abgeschliffen hat, lässt das Lichtbild nicht erkennen. Davon stirbt in aller Regel kein Baum. Weitere Beschädigungen des Baumes wurden bei der Besichtigung nicht festgestellt. Dass der Baum ersichtlich keine Blätter trägt beweist nichts. Es wurde im Winter, nämlich am 5.12.2018, dem Besichtigungsdatum, gefertigt. Um diese Jahreszeit tragen Bäume keine Blätter mehr.

Mit diesem Befund hat die Bekl. ihr Leistungsprüfungsverfahren abgeschlossen. Mangels weiterer konkreter Angaben, die ernsthaft auf einen Schaden am Baum schließen lassen, war eine Anhörung des Sachverständigen auch nicht mehr geboten (§ 287 Abs. 1 S. 2 ZPO). Denn die weiter vorgetragene Annahme eines Schädlingsbefalls war nur abstrakt theoretischer Natur, weil er zeitnah tatsächlich nicht festgestellt wurde … .“

zfs 7/2020, S. 389 - 390

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