In Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen mit so genannten standardisierten Messverfahren[2] hat nach § 71 Abs. 1 OWiG grundsätzlich ein Hauptverhandlungstermin stattzufinden. Die Hauptverhandlung ist das Kernstück des Straf- und Bußgeldverfahrens und dient dazu, den Vorwurf aus dem Bußgeldbescheid auf seine Berechtigung hin in einer Verhandlung bei steter Anwesenheit der maßgeblichen Beteiligten (§ 73 Abs. 1 OWiG) zu untersuchen. In der Regel geht es dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger um die Überprüfung der technischen Richtigkeit der Messung, wenn das Radarfoto zum Nachweis der Fahrereigenschaft geeignet ist, oder die Prüfung der Beschilderungslage. Mit dieser Ausgangskonstellation soll sich vorliegend der Beitrag befassen. Es kann festgestellt werden, dass derzeit Termine ständig nach demselben Muster ablaufen. Eine Beweisaufnahme im eigentlichen Sinne, Vernehmung eines Zeugen, des Messbeamten, findet dort gar nicht mehr statt. Beweisanträge in einem Bußgeldverfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung gemessen mit einem standardisierten Messverfahren werden rigoros vom Richter abgelehnt. Nachfolgend sollen die Folgen eines solchen Vorgehens erörtert werden. Zuletzt soll bewertet werden, ob es sich bei einer derart gezielten Verkürzung der Beweisaufnahme durch die Amtsgerichte überhaupt noch um eine Hauptverhandlung oder "Scheinverhandlung" handelt.

[2] Unter diesem Begriff ist ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind, BGHSt 43, 277, 284; dazu Fromm, NZV 2013, 16.

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