Die Begründung der Entscheidung begegnet in zwei Punkten Bedenken:

Das OLG prüft die Leistungsfreiheit des VR wegen Aufbewahrung des Fahrzeugscheins im Handschuhfach des entwendeten Kfz, führt ohne nähere Begründung aus, von einer "Gefahrerhöhung" sei nicht auszugehen und verneint dann Leistungsfreiheit nach § 81 VVG. Die Leistungsfreiheit wegen (subjektiver) Gefahrerhöhung richtet sich allerdings nach § 26 Abs. 1 VVG i.V.m. § 23 Abs. 1 VVG. Anders als in Fällen der Herbeiführung des Versicherungsfalls muss dabei der VN den Nachweis fehlender Kausalität führen. Daher ist in der Tat entscheidend, ob die Aufbewahrung von Fahrzeugdokumenten eine Gefahrerhöhung darstellt. Das wird – jedenfalls wenn die Papiere nicht von außen sichtbar im Kfz aufbewahrt werden – inzwischen einhellig verneint (vgl. nur u.a. OLG Hamm zfs 2013, 574; anders noch OLG Celle zfs 2007, 690). Das wird zu Recht so gesehen: Da die Aufbewahrung der "Zulassung" im Handschuhfach von einem Dieb erst dann entdeckt werden kann, wenn er das Kfz bereits in seine Gewalt gebracht hat, kann sie seinen Entschluss zur Entwendung schlecht beeinflusst haben, kann also auch keine dauerhafte Risikoerhöhung darstellen.

Das OLG hält die nachgewiesenermaßen falsche Beantwortung der Fragen des VR nach der Zahl der Fahrzeugschlüssel und den Nutzern des Kfz für die Folge einer nach dem Versicherungsfall aus beruflichen und privaten Gründen vorliegenden Überforderung der VN, verneint (zu Recht) Arglist, prüft Vorsatz nicht und nimmt einen gesteigerten Grad von Fahrlässigkeit an. Dieser Grad soll sich "an der Grenze zwischen einer groben und einer einfachen" Fahrlässigkeit bewegen. Wenn die Wertung so ausfällt, darf allerdings keine hälftige Kürzung der Entschädigung vorgenommen werden. Denn die durch das Gesetz erlaubte Minderung der Entschädigung richtet sich nach der Schwere des Verschuldens im Rahmen der groben Fahrlässigkeit. Die Grenze zwischen grober und einfacher Fahrlässigkeit stellt aber einen untersten Grad grober Fahrlässigkeit dar, sodass, wenn überhaupt, eine Kürzung lediglich einen geringen Umfang (10 %) haben darf.

Prof. Dr. Roland Rixecker

zfs 7/2019, S. 396 - 398

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