Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Einigungsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden kann, ist in der Rspr. des BGH zunächst unterschiedlich beurteilt worden.

I. Festsetzbarkeit der Einigungsgebühr

1. Keine Protokollierung eines Prozessvergleichs erforderlich

Der II. ZS des BGH hatte für die Vergleichsgebühr des § 23 BRAGO die Auffassung vertreten, die Festsetzung dieser Gebühr erfordere die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, so BGH BRAGOreport 2002, 172 (Hansens) = AGS 2003, 84 mit Anm. N. Schneider = JurBüro 2003, 19 mit Anm. Enders. Der VIII. ZS des BGH hat diese Rspr. für die Einigungsgebühr fortgeführt, so BGH RVGreport 2006, 234 (Hansens) = AGS 2006, 403 mit Anm. N. Schneider = JurBüro 2006, 360. An dieser Auffassung hat der VIII. ZS des BGH hingegen nicht mehr festgehalten, s. die entsprechende Anfrage des II. ZS des BGH RVGreport 2007, 275 (Hansens) = zfs 2007, 469 mit Anm. Hansens = AGS 2007, 366 = NJW 2007, 2187, der seine abweichende Auffassung dort ebenfalls aufgegeben hat. Der IV. ZS des BGH war bereits zuvor in zwei Entscheidungen vom 17.9.2008, VRR 2009, 158 und FamRZ 2009, 43 ohne Protokollierung eines Vergleichs von der Festsetzbarkeit der Einigungsgebühr im Mahnverfahren nach § 699 Abs. 3 ZPO ausgegangen.

Auch der VI. ZS des BGH hat hier die Auffassung vertreten, die Einigungsgebühr könne ungeachtet der Tatsache festgesetzt werden, dass die Parteien eine außergerichtliche Einigung ohne förmliche Niederlegung eines Prozessvergleichs getroffen haben.

2. Vereinbarung der Parteien über die Kosten

Die Kosten eines – hier vorliegenden – außergerichtlichen Vergleichs gehören jedoch nach Auffassung des BGH nur dann zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits, wenn die Parteien dies vereinbart haben. Insoweit hat sich der VI. ZS des BGH der Auffassung des V. ZS des BGH RVGreport 2009, 25 (Hansens) = zfs 2009, 43 mit Anm. Hansens = AGS 2009, 95 angeschlossen. Der BGH hat darauf hingewiesen, dass bei einem Prozessvergleich die Kosten des Vergleichs gem. § 98 S. 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen sind, wenn nicht die Parteien anderes vereinbart haben. Dies gelte für einen außergerichtlichen Vergleich entsprechend, wenn dieser außergerichtliche Vergleich zur Beendigung des Rechtsstreits führt, so BGH RVGreport 2009, 25 (Hansens); ferner BGH BGHZ 39, 60, 69 und NJW 1989, 39. Vorliegend hatten die Parteien eine derartige abweichende Vereinbarung im beendeten Streitverfahren nicht getroffen.

3. Kostengrundentscheidung

Die Kosten des Vergleichs waren nach Auffassung des BGH auch nicht von den in den Anerkenntnisurt. getroffenen Kostengrundentscheidungen mit erfasst. Aus den Vorschriften des § 98 S. 1 und 2 ZPO hat der BGH gefolgert, dass die Kosten "des Rechtsstreits" weder die Kosten des gerichtlichen noch die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs umfassten. Beide Gruppen von Kosten würden vielmehr eigenen, zudem nicht notwendig ergebnisgleichen Regelungen folgen, so auch BGH RVGreport 2009, 25 (Hansens).

II. Auswirkungen auf die anwaltliche Praxis

Der Prozessbevollmächtigte hat darauf zu achten, dass bei gerichtlichen Vergleichen eine ausdrückliche Regelung über die Kosten des Vergleichs getroffen wird. Anderenfalls gelten die Kosten des Vergleichs als gegeneinander aufgehoben. Üblich ist etwa folgende Formulierung, bei der für die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs eine inhaltsgleiche Regelung getroffen wird: "von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich dieses Vergleichs tragen die" Parteien … “. Die Parteien können aber auch für beide Gruppen von Kosten unterschiedliche Regelungen treffen, etwa: "Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander" aufgehoben, die Kosten des Vergleichs übernimmt der Beklagte.“

Welche – formalen – Anforderungen an eine Kostenregelung der Parteien bei Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs zu richten sind, hat der BGH hier allerdings nicht erörtert. Teilen die Parteien dem Gericht übereinstimmend mit, dass sie sich über die Kosten des Vergleichs in bestimmter Weise geeinigt hätten, so haben sie damit zwar die gesetzliche Regelung in § 98 S. 1 ZPO abbedungen. Ob diese Mitteilung der Parteien als Grundlage der Kostenfestsetzung ausreicht, erscheint allerdings zweifelhaft. Denn § 103 Abs. 1 S. 1 ZPO erfordert als Voraussetzung der Kostenfestsetzung das Vorliegen eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Kostentitels. Eine übereinstimmend dem Gericht mitgeteilte Regelung der Parteien über die Kosten des Vergleichs erfüllt diese Anforderungen jedoch nicht.

Folglich sollten die Prozessbevollmächtigten der Parteien sicherheitshalber hinsichtlich der vereinbarten Regelung über die Kosten des Vergleichs einen Vollstreckungstitel schaffen. Dies kann am einfachsten dadurch erfolgen, dass sie einen schriftlichen Vergleich nach § 278 Abs. 1 ZPO schließen und das Gericht das Zustandekommen und den Inhalt dieses Vergleichs durch Beschl. nach § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO ...

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