BGB § 326

Leitsatz

1) Durch den Rücktritt vom Kaufvertrag wird ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung auch insoweit nicht ausgeschlossen, als es um den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens geht, der dadurch entstanden ist, dass dem Käufer infolge des Mangels der Kaufsache deren Nutzung entgeht; dies gilt auch für einen infolge der Rückgabe der mangelhaften Sache entstandenen Nutzungsausfall.

2) Bei der Feststellung, ob dem Käufer durch die (auf Grund des Rücktritts erfolgte) Rückgabe der mangelhaften Sache ein Vermögensschaden wegen Nutzungsausfalls entstanden ist, sind die vermögensmäßigen Folgen des Rücktritts nach den allgemeinen Regeln zu berücksichtigen.

BGH, Urt. v. 28.11.2007 – VIII ZR 16/07

Sachverhalt

Die Klägerin kaufte von der Beklagten am 1.9.2005 einen gebrauchten Pkw Chrysler Voyager zum Preis von 7.900 EUR. Am 17.1.2006 verursachte der Ehemann der Klägerin bei Glatteis einen Unfall, bei dem das Fahrzeug erheblich beschädigt wurde. Eine am selben Tag durchgeführte Untersuchung durch einen Sachverständigen ergab, dass das Fahrzeug bereits vor dem Verkauf einen Unfall erlitten hatte. Die Klägerin sah daraufhin von einer Reparatur des Fahrzeugs ab und erklärte mit Anwaltsschreiben vom 23.1.2006 den Rücktritt vom Kaufvertrag und die Anfechtung des Vertrages mit der Begründung, sie sei beim Kauf des Fahrzeugs arglistig darüber getäuscht worden, dass es sich um einen Unfallwagen gehandelt habe; ferner wies sie darauf hin, dass der von Ihrem Ehemann verursachte Unfallschaden, dessen Höhe sich auf 4.000 bis 5.000 EUR belaufe, nicht zu ihren Lasten gehe. Die Beklagte erklärte sich mit der Rückabwicklung des Vertrages einverstanden und nahm am 27.1.2006 das beschädigte Fahrzeug zurück. Zugleich überreichte sie dem Anwalt der Klägerin einen Verrechnungsscheck über 7.473,95 EUR, mit dem sie den Kaufpreis (7.900 EUR) abzüglich einer Nutzungsentschädigung (486,05 EUR) zurückzahlte und der Klägerin die entstandenen Kosten für die Anmeldung des Fahrzeugs (60 EUR) erstattete. Die Klägerin erwarb am 15.2.2006 ein anderes Fahrzeug. In der Zwischenzeit hatte sie vom 23.1. bis zum 14.2.2006 von einer Verwandten ein Ersatzfahrzeug gemietet.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Erstattung der für die Anmietung des Ersatzfahrzeugs aufgewendeten Kosten in Höhe von 1.100 EUR. Das AG hat die Klage abgewiesen; die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.

Aus den Gründen

[3] “I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Ersatz von Nutzungsausfall. Grundsätzlich gehöre zwar zum Schadensersatz gem. §§ 280 ff. BGB auch der Nutzungsausfallschaden. Das gelte jedoch dann nicht, wenn der Kaufvertrag – wie vorliegend – rückabgewickelt werde. In diesem Fall sollten dem Käufer die Nutzungen nicht verbleiben. Das werde unterstrichen durch die Pflicht des Käufers, für die Nutzung des Fahrzeuges im Falle der Rückabwicklung eine Entschädigung zu zahlen.

[4] II. Die Revision hat keinen Erfolg. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für das angemietete Ersatzfahrzeug nicht zu.

[5] 1. Allerdings kann der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung versagt werden.

[6] Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt ein Anspruch des Käufers auf Ersatz eines Nutzungsausfallschadens nach § 437 Nr. 3 i.V.m. §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB auch dann in Betracht, wenn der Käufer nach § 437 Nr. 2 i.V.m. §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 BGB vom Kaufvertrag zurückgetreten ist. Das Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag Schadensersatz zu verlangen, wird durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen (§ 325 BGB). Dies gilt auch für den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens. Dem steht nicht, wie das Berufungsgericht gemeint hat, entgegen, dass der Käufer im Falle einer Rückabwicklung des Kaufvertrags verpflichtet ist, Wertersatz für die Nutzung der Kaufsache zu zahlen (§ 346 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

[7] a) Auf Grund der Neuregelung des § 325 BGB wird es dem Gläubiger ermöglicht, vom Vertrag zurückzutreten und eine erbrachte Gegenleistung zurückzufordern, ohne den Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses zu verlieren (Staudinger/Otto, BGB (2004), § 325 Rn 1). Im Rahmen dieses Schadensersatzanspruchs ist der Gläubiger nach der Differenztheorie so zu stellen, wie er stünde, wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre (BGHZ 87, 156, 158), der Schuldner also seine Vertragspflichten nicht verletzt hätte.

[8] b) Im Falle der Lieferung einer mangelhaften Sache umfasst der auf das positive Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch des Käufers typischerweise auch den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens, der dadurch entsteht, dass dem Käufer infolge eines Mangels die Nutzung der Kaufsache entgeht (vgl. Senatsurt. v. 5.7.1978, NJW 1978, 2241, unter I 2a, zu § 463 BGB aF; BGHZ 77, 215, 218; BGHZ 88, 11, 13 ff. zu § 286 BGB aF; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9...

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