Aktuelle Rechtsprechung zur Quotenbildung bei grober Fahrlässigkeit gibt es nur in geringem Umfang, zumal Versicherer in vielen Fällen auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit verzichten oder eine Schadenregulierung auf hälftiger Basis vornehmen, mit welcher der Versicherungsnehmer sich zufrieden gibt.

1. Eine zweifache, grobfahrlässige Obliegenheitsverletzung (verspätete Anzeige des Versicherungsfalls und Verkauf des unreparierten Fahrzeuges ohne Information an die Versicherer) führt zur Leistungskürzung auf Null. Der Versicherungsnehmer hatte im Rahmen einer Vollkaskoversicherung den Schaden verspätet gemeldet und dann das unreparierte Unfallfahrzeug, ohne den Versicherer zu informieren, veräußert. Bei rechtzeitiger Anzeige des Unfallschadens und der Besichtigung des Fahrzeuges durch einen Sachverständigen hätte der Versicherer nähere Informationen zum angeblichen Unfallhergang einholen können. Die zweifache grobfahrlässige Obliegenheitsverletzung führt zur Addition der Quoten von 50 %.[12]

2. Bei einer Obliegenheitsverletzung vor Eintritt des Versicherungsfalles und einer Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Versicherungsfalles sind die Quoten zu addieren. Der Versicherungsnehmer hatte ohne Fahrerlaubnis einen Unfall verursacht und anschließend Unfallflucht begangen.[13]

3. Den Vorsatz bei einer Obliegenheitsverletzung muss zwar der Versicherer beweisen; der Versicherungsnehmer muss jedoch die zu der Obliegenheitsverletzung führenden Umstände, die seiner Sphäre angehören, dartun und der Nachprüfung zugänglich machen (sekundäre Beweislast).[14]

[12] OLG Köln, 9 U 191/16, r+s 2019, 80.
[13] OLG Frankfurt, 10 U 218/16, r+s 2018, 129.
[14] OLG Celle, 8 U 27/17, r+s 2018, 132.

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