Bezüglich des Schmerzensgeldes sind grundsätzlich nur dann Auswirkungen zu erwarten, wenn sich eine notwendige medizinische oder pflegerische Versorgung derart verzögert,[20] dass sie gesundheitliche Folgen nach sich ziehen – wenn z.B. eine notwendige OP wegen coronabedingter anderweitiger Prioritäten nicht durchgeführt wird –, möglicherweise es gar zu einer Erhöhung des schadenbedingten Dauerschadens mit dann Folgen auch hinsichtlich der anderen Schadenspositionen wie Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden und Mehrbedarf kommt.

Ein Beispiel aus der Praxis: ein Geschädigter mit einer Darmerkrankung wird trotz eigentlich bestehender Notwendigkeit im Sinne einer absoluten, medizinischen Operationsindikation nicht operiert, obwohl die Gefahr eines Darmverschlusses besteht. Grund ist, dass die Ärzte eine lebensbedrohliche Eskalation befürchten, sollte sich der Patient in seinem Zustand im Rahmen der stationären Behandlung zusätzlich mit dem Corona Virus infizieren. Die Ärzte haben somit eine Abwägung vorgenommen. Als Folge davon wird der Geschädigte seitens der Ärzte darauf verwiesen, dass erst bei unmittelbar bevorstehender Realisierung dieser Gefahr die notwendige Operation durchgeführt wird, weil dann das Risiko, an dem Darmverschluss zu versterben, höher ist als eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes durch eine Corona-Infektion.

Durch das Zuwarten und Verschieben der Operation ist bereits jetzt klar, dass ein weiterer, irreversibler Schaden verbleiben wird.

Die sich daraus ergebenden Folgen vor allem bezüglich des Schmerzensgeldes[21] gehen dann voll zu Lasten des Schädigers.

Insbesondere der Einsatz von Prothesen, Knie- oder Hüftoperationen wurden seit Ausbruch der Corona-Pandemie vielfach verschoben, um Betten für mögliche schwerkranke Corona-Patienten freizuhalten.[22] Dadurch ist möglicherweise eine Verschlechterung der Grunderkrankung bzw. der schadensbedingten Gesundheitsschädigung eingetreten, die zumindest den Erfolg der angedachten Operation schmälern kann. So wird Gesundheitsminister Spahn wie folgt zitiert: "Wenn jemandem vor sechs Wochen gesagt worden sei, eine Hüftoperation oder Tumoroperation werde verschoben, dann sei das ja auch mit körperlichem und seelischem Leid verbunden".[23]

[20] dpa vom 28.4.2020.
[21] dpa a.a.O.
[22] NDR 1 Niedersachsen, 28.4.2020.
[23] dpa a.a.O.

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